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# taz.de -- Einheitsfeier: Wer hat Angst vor Chaostagen?
> Bild am Sonntag, Lokalzeitung und Lokalradio schlagen Alarm: Bei den
> Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Bremen sei mit
> "linksradikalen Randale" zu rechnen. Die Bremer Polizei rudert zurück.
Bild: Eindeutige Aufforderung auf dem Tor eines Recyclinghofs in Bremen.
Vor den Feiern zum Tag der Deutschen Einheit in Bremen scheint die Polizei
nervös zu werden. Das legen zumindest die Presseberichte der letzten Tage
nahe. Polizeisprecher Ronald Walther wurde am Sonntag im Weser Kurier mit
der Bemerkung zitiert, das Kontingent an Einsatzkräften solle von 2.000 auf
3.000 Polizisten aufgestockt werden. Und der Gesamteinsatzleiter der
Polizei, Stefan Kiprowski, sagte ebenfalls am Sonntag zur
Nachrichtenagentur DPA, er befürchte "Proteste aus der linksautonomen
Szene". Im Internet kursierten "Aufrufe zu Gewaltaktionen".
Am Sonntag morgen war es zu einem Brandanschlag auf einen Bremer
Recyclinghof gekommen, der Sachschaden soll sich auf mehr als 100.000 Euro
belaufen. Die unbekannten Täter hatten auf das Eingangstor des
Recyclinghofes das Datum "3. 10." und das Wort "Riot" (Krawall) gesprüht.
Der 3. Oktober ist der offizielle Feiertag der deutschen Wiedervereinigung,
der dieses Jahr turnusgemäß in Bremen ausgerichtet wird. "Wir haben die
starke Befürchtung, dass Linksradikale massive Randale veranstalten, dass
sie Autos anzünden und sogar Menschen verletzten", sagte der Chef der
Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der Bild am Sonntag.
Tatsächlich findet sich auf Youtube ein Punk-Video mit dem Titel "Chaostage
2010 Bremen - 1.-3. Oktober", in dem es heißt: "Am Himmel ist es dunkel /
die Straßen sieht man nicht / plötzlich fliegt ein Molli / und überall wird
Licht." Dazu sieht man Bilder der Straßenschlachten von 1994, als Bremen
zuletzt die Einheitsfeierlichkeiten ausrichtete, sowie aktuelle
Zeitungsartikel mit Überschriften wie "Chaoten rotten sich zusammen" oder
"Chaostage in Bremen".
Allerdings ist das Video bereits am 1. September eingestellt worden. Noch
älter, nämlich vom 22. August, datiert ein über diverse linke Portale
verbreiteter Aufruf mit der Überschrift "Hauptsache es knallt", in dem die
Aktionsformen "Farbe, Glasbruch, Buttersäure" vorgeschlagen werden und der
Hinweis auf die "politisch Verantwortlichen" in Bremen gegeben wird. Die
hätten "Namen, Adressen und oft auch schicke Autos vor der Tür".
In der Bremer Realität haben die Organisatoren der "antinationalen Demo",
die am 2. Oktober unter dem Motto "Kein Tag für die Nation - kein Tag für
Deutschland" durch Bremen ziehen soll, längst Vorgespräche mit dem Bremer
Stadtamt und der Polizei geführt. Die Gespräche seien "total entspannt"
gelaufen, sagte eine der Organisatorinnen der taz, umstritten sei
allenfalls noch die Marschroute gewesen. Die Protokollchefin des Rathauses,
die für den offiziellen Teil der Einheitsfeier verantwortlich ist, sagte
Radio Bremen, die Demonstrationen gegen die Feier müssten möglich sein. Sie
hoffe, dass "die, die wirklich nur auf Krawall aus sind, einen anderen Ort
finden, sich auszutoben".
Polizeisprecher Walther will der taz die Aussage nicht bestätigen, die
Bremer Polizei befürchte Ausschreitungen. Man befürchte keine
Ausschreitungen, man könne sie nur "nicht ausschließen", lautet die
Sprachregelung. "Wir wissen, dass es Menschen gibt, die die Feierlichkeiten
stören wollen", sagt Walther. "Wir sind darauf vorbereitet."
Die 3.000 Polizisten habe man "von vornherein im Auge" gehabt, sagt der
Sprecher. Man sei gerade dabei, sie aus anderen Bundesländern anzufordern.
Dies sei aber nicht ganz einfach. So habe die Polizei in Baden-Württemberg
mit den Protesten gegen das Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" genug zu tun,
und in Bayern sei Oktoberfest.
Im Bremen wird der Widerstand gegen die Feiern vom "Bremer Bündnis 3. 10."
organisiert. Die Feiern seien eine "Melange aus Nena, dem Bundespräsidenten
und deutschen Wurstbuden", heißt es auf der Homepage des Bündnisses. "Was
am 3. Oktober gefeiert wird, ist die Freiheit, das eigene Leben in
Konkurrenz und (Lohn-)arbeit verbringen zu dürfen und einer Nation
anzugehören, die sich ihrer Geschichte nicht schämen muss."
Auf der Homepage des Bündnisses findet sich auch das Foto eines
Transparents, das an einer Hauswand hängt. Darauf steht: "Deutschland, du
warst als Kind schon scheiße."
27 Sep 2010
## AUTOREN
Daniel Wiese
Daniel Wiese
## TAGS
Punk
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