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# taz.de -- Springers "Kunstwerk der Einheit": Jaha. Auch Dutschke war dafür
> Der Springer-Verlag schenkte Deutschland ein Kunstwerk der Einheit - drei
> riesige Köpfe aus Bronze. Helmut Schmidt (SPD, Instanz) erklärte die
> Welt, also die Einheit und Europa.
Bild: Helmut Schmidt bei der Enthüllung des Denkmals "Väter der Einheit".
Der Mantel der Geschichte war mal wieder zum Greifen nah. Doch das Einzige,
was wehte, war der Wind. Denn Gorbi war gar nicht da beziehungsweise
natürlich schon, aber nur als Bronzekopf, gleich neben dem von Helmut Kohl,
der auch nicht da war.
Die Axel Springer AG schenkt Deutschland das Kunstwerk der Einheit, und das
ist ganz wörtlich gemeint: Schließlich hat der vor 25 Jahren verstorbene
Verleger immer an die Einheit Deutschlands geglaubt, dafür die "DDR" in
Anführungsstrichen geschrieben und zäh herben Spott ausgesessen, er sei
wegen seiner gesamtdeutschen Attitüden der letzte Brandenburger Tor.
Jetzt harren die "Väter der Einheit" ihrer Vollendung. Geschaffen hat das
Kunstwerk der französische Bildhauer Serge Margin. Neben den frappierend an
realsozialistische Großköpfe erinnernden Büsten von Kohl und Gorbatschow
ist eine dritte noch verhüllt. Allein: Das Tuch von fahlem Gelb verbirgt
nicht etwa den Kopf von Axel Springer. Es ist George Bush, immerhin der
weniger Schlimme, der Vater.
Und weil nun bald das Tuch fällt, stehen Berliner Prominenz, ehemalige
Regierende Bürgermeister, Deutschlandradio-Gründungsintendanten und andere
Unvermeidliche vor dem Springer-Hochhaus; dort, wo das alte, Mitte der 60er
Jahre direkt an der Mauer hochgezogene Gebäude in die neue Springer-Passage
übergeht. Es sieht nach Regen aus. Michail Gorbatschow, Helmut Kohl und
Bush Vater unter seinem Tuch, die "Väter der Einheit", blicken weise - auf
die Rudi-Dutschke-Straße.
Springer-Chef Mathias Döpfner hält eine Rede aus dem Stegreif, dass ohne
diese drei wahrscheinlich nichts wäre mit "Deutschland, einig Vaterland".
Der Vorstandschef macht sich wie immer gut als Ersatz-Springer,
Verlegerwitwe Friede hätte ihre Freude, doch auch sie ist heute nicht
dabei: Nicht in Berlin, leider, sei aber schon länger klar, raunt es im
Publikum.
Und weil wir an der Rudi-Dutschke Straße stehen, muss Döpfner das noch
loswerden: Durch den sei ja auch viel "Verwirrung über Deutschland
hereingebrochen. Aber in der Frage der Einheit war Dutschke ja völlig
klar."
Dann ist Helmut Schmidt dran. Er enthüllt die letzte Bronze des Denkmals,
das auch den Altkanzler feiert, der ihn politisch geschlagen hat. Das
entbehrt nicht einer gewissen Ironie, aber Schmidt ist längst Instanz,
vergessen sind die alten Schlachten. In seiner Laudatio, später, oben im
Springer-Club in der 19. Etage des Hochhauses, nennt Schmidt Kohls
10-Punkte-Papier vom November 1989 eine "Glanzleistung", die "klare und
deutliche Ziele nicht nur allein für Deutschland" gesetzt habe.
Jetzt setzt Schmidt erst mal die Schere an, wie bestellt scheint die Sonne,
Döpfner zieht am Strick, Applaus. Die alte Ullstein-Eule, nach dem Krieg
aus den Trümmern des legendären Zeitungshauses geborgen, steht ein paar
Meter daneben in ihrer Minigrünanlage und guckt.
Oben im Club, bei den Reden, gießt Schmidt dann bei aller Freude über "60
Jahre Frieden, die es vorher in der deutschen Geschichte noch niemals
gegeben hat", Wasser in den Einheits-Wein: Inzwischen seien die drei
Staatsmänner "alte Herren" geworden. "Die heutigen Staatslenker aber müssen
wissen: Die Europäische Union ist längst noch nicht voll funktionstüchtig."
Und auch die deutsche Einheit sei "noch längst nicht vollendet", sagt
Schmidt: "Denn manches ist nicht gelungen."
Bush Vater hat ein nettes Grußwort geschickt, dass er "im Geiste mit dabei
sei" und jetzt ja auch in Bronze. Das Denkmal entstand übrigens auf
Initiative von Bild-Chefredakteur Kai Diekmann. Das Blatt feierte gestern
auf seine Weise 20 Jahre deutsche Einheit: Der CDU-Bürgerrechtler Arnold
Vaatz rechnete da ab - "Mich stört die Undankbarkeit vieler Ostdeutscher".
29 Sep 2010
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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