Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Stuttgart 21 vor dem Kanzleramt: Großer Bahnhof in Berlin
> Die Auseinandersetzung um "Stuttgart 21" ergreift die Bundesebene. Die
> CDU wirft Grünen und Linken jetzt Instrumentalisierung der Proteste vor.
Bild: Wir sind alle Schwaben und Berlin ist Stuttgart - oder wie?
Angela Merkels Ausblick blieb ungetrübt. Höflich baten Polizisten
Demonstranten vor dem Bundeskanzleramt, ihre Transparente doch hundert
Meter weiter auszurollen. Auf denen stand "Wir sind alle Schwaben" und
"Stuttgart 21 - Wir sind das Volk". Für den Freitagabend riefen die Grünen
zu einer weiteren Demonstration vor der Berliner Bahn-Zentrale auf. Auch in
anderen Städten wuchs der Protest über die Haltung von Bundes- und
Landesregierung im Streit um den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs.
Spätestens der umstrittene Polizeieinsatz am Donnerstag hat aus einer
anfangs lokalen Auseinandersetzung ein bundesweites Thema gemacht. Auch die
Kanzlerin kann sich dem nicht entziehen.
Nachdem bei dem massiven Polizeieinsatz in Stuttgart am Donnerstag nach
Behördenangaben 130 Demonstranten und sechs Polizisten verletzt worden
sind, wächst der Druck auf Baden-Württembergs Landesregierung - und die
Bundesregierung. Ein Sprecher des Aktionsbündnisses gegen "Stuttgart 21"
berichtete, allein die Sanitäter hätten 280 Menschen behandelt. Bei dem
Polizeieinsatz hatten mehrere Hundertschaften der Polizei Tränengas
versprüht, Schlagstöcke eingesetzt und Demonstranten verprügelt.
Deshalb tagte auf Antrag der Linke-Fraktion am Freitagmorgen der
Innenausschuss des Bundestages. Danach waren die Fronten zwischen CDU und
der Opposition verhärteter als zuvor. Der Grünen-Innenexperte Wolfgang
Wieland sagte der taz: "Warum sieht die Union plötzlich Bedarf, die
Ereignisse erst mal zu ,prüfen'? Das war ein durchsichtiges Manöver, um die
Debatte zu vermeiden." Die Linke beantragte eine weitere Ausschuss-Sitzung
am kommenden Mittwoch. Die Grünen forderten eine Aktuelle Stunde des
Bundestages in der nächsten Woche.
Daraufhin warf der CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe den Grünen vor, sie
handelten "verantwortungslos": "Aus zahlreichen Verletzten mit abstrusen
Vorwürfen an die Bundeskanzlerin politischen Vorteil ziehen zu wollen, ist
zutiefst schäbig." Die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Renate Künast,
"instrumentalisiert aus dem Fernsehsessel in Berlin heraus die Vorgänge in
Stuttgart für grüne Propaganda".
Das sehen die Gescholtenen ganz anders. "Frau Merkel hat sich selbst an die
Spitze der Bewegung für ,Stuttgart 21' gesetzt", urteilte der Fraktionsvize
der Grünen Hans-Christian Ströbele gegenüber der taz. "Deshalb ist es nicht
nachvollziehbar, dass der Deutsche Bundestag nicht darüber diskutieren
soll."
Die Kanzlerin hat sich mehrfach vor Baden-Württembergs Ministerpräsidenten
Stefan Mappus (CDU) gestellt und erklärt, die dortige Landtagswahl im März
2011 werde auch eine Abstimmung über das umstrittene Milliardenprojekt
sein. Die Bundes-SPD forderte hingegen Mappus auf, den Vorschlag der
Südwest-SPD aufzunehmen und eine Volksabstimmung abzuhalten. Die dortigen
Sozialdemokraten hatten bis vor kurzem den Bau von ,Stuttgart 21'
unterstützt.
Der Innen-Experte der Linke-Fraktion Jan Korte kritisierte gegenüber der
taz: "Schwarz-Gelb kommt offenbar nicht damit klar, dass Bürger ihre
eigenen Interessen vertreten. Es ist absurd, junge Leute in Sonntagsreden
aufzufordern, sich zu engagieren, wenn sie bei ihrer ersten Demonstration
von der Polizei verprügelt werden."
Regierungssprecher Steffen Seibert konterte, die Bundeskanzlerin habe zwar
große Sympathie für Bürger, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung
nutzten. Aber es gebe ein "Recht der Bauherren, dieses Projekt Schritt für
Schritt umzusetzen".
Dem wollen sich die Gegner von "Stuttgart 21" weiter widersetzen. "Für uns
geht der Protest weiter, eher noch verstärkt", sagte Axel Wieland,
Regionalvorsitzender des Umweltverbands BUND. Schon zum Protestzug am
Freitagabend erwartete er mehrere zehntausend Demonstranten. Die
Verantwortung für die Eskalation am Donnerstag mit hunderten Verletzten
liege "bei den Politikern, die diesen Polizeieinsatz so knüppelhart
gefahren haben und nicht mal vor Jugendlichen zurückgeschreckt sind". Das
Vorgehen der Polizei habe "viele wahnsinnig geschockt".
Ministerpräsident Mappus reagierte zurückhaltend. Zwar verteidigte er das
Vorgehen der Polizei und erklärte, Demonstranten hätten Beamte mit Flaschen
beworfen. Der CDU-Politiker merkte aber auch an, Szenen wie die vom
Donnerstag "dürfen sich nicht wiederholen". Er rief die Projektgegner
erneut auf, sich mit den Befürwortern an einen Tisch zu setzen. Den
Weiterbau von "Stuttgart 21" stellte er nicht infrage.
1 Oct 2010
## AUTOREN
Matthias Lohre
## TAGS
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
## ARTIKEL ZUM THEMA
"Stuttgart 21"-Äußerung von Grube: Gegner drohen Bahn mit Boykottaufruf
Bahnchef Grube hat den Gegnern des Bahnhofbaus in Stuttgart das Recht
abgesprochen, sich gegen das Projekt einzusetzen. Diese erwägen nun, eine
Aktion "Tag ohne Bahn" auszurufen.
Protestdemo gegen "Stuttgart 21": "Keine Chance auf Gespräche"
Zehntausende Stuttgarter demonstrierten am Freitagabend friedlich gegen das
Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21". Dabei machten sie klar, dass die Bäume zwar
tot sind, ihre Bewegung aber nicht.
Innenminister Heribert Rech zu Stuttgart 21: Wieder einmal etwas vorschnell
Innenminister Heribert Rech sind schon häufiger Informationspannen
unterlaufen. So auch bei Stuttgart 21.
Kommentar Stuttgart 21: Die Kanzlerin begibt sich in den Bunker
Das Ziel in Stuttgart? Der Rubel soll dorthin rollen, wo er immer
hingerollt ist. Da nimmt man gerne ein paar hundert Verletzte in Kauf.
Pro und Contra "Stuttgart 21": Wahlkampf oder Volksaufstand
Wir kümmern uns mit "Stuttgart 21" um das Wohl kommender Generationen,
meint Thomas Strobl, Generalsekretär der Landes-CDU. Ihm widerspricht der
Grüne Bürgermeister Boris Palmer.
3. Zusammenfassung "Stuttgart 21"-Protest: Tränen nach dem Schock
Hunderte Menschen blieben die ganze Nacht im Schlossgarten, um gegen die
Abholzung zu demonstrieren. Am Tag danach sind viele fassungslos. Sie
verstehen das harte Vorgehen der Polizei nicht.
"Stuttgart 21"-Proteste: "Das Projekt wird nicht in Frage gestellt"
Baden-Württembergs Ministerpräsident, Stefan Mappus, will jede weitere
Eskalation verhindern. Projektgegner erwarten zur Großdemo am Abend in
Stuttgart bis zu 100.000 Menschen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.