# taz.de -- Hungerstreik in Chile: Das erste Essen seit 82 Tagen | |
> Entspannung in Chiles Gefängnissen: 28 von 38 Angehörigen des | |
> Mapuchevolks beenden ihren Hungerstreik. Die Regierung will sie nicht | |
> mehr vor ein Militärgericht stellen. | |
Bild: "73 Tage im Hungerstreik - Freiheit die politischen Gefangenen der Mapuch… | |
BUENOS AIRES taz | Die chilenische Regierung erfüllt eine zentrale | |
Forderung gefangener Angehöriger des Mapuchevolks: Die Mapuche sollen nun | |
nicht nach dem Antiterrorgesetz vor ein Militärgericht gestellt werden. | |
Stattdessen sollen die den Inhaftierten vorgeworfenen Straftaten als | |
gewöhnliche Delikte vor einem Zivilgericht verhandelt werden. Nach dem | |
Einlenken der Regierung haben 28 von 38 hungerstreikenden gefangenen | |
Angehörigen des Mapuchevolks ihren Hungerstreik nach 82 Tagen beendet. | |
Die 28 Mapuche in den Gefängnissen der Städte Temuco, Concepción, Valdivia | |
und Lebu wurden daraufhin in verschiedene Kränkenhäuser überführt, in denen | |
sie unter ärztlicher Aufsicht wieder mit der Nahrungsaufnahme beginnen. | |
Dagegen setzen zehn Mapuche im Gefängnis von Angol den Hungerstreik fort. | |
Ihnen gehen die Zugeständnisse der Regierung nicht weit genug. | |
Die Ureinwohner sitzen auf der Grundlage eines Antiterrorgesetzes aus der | |
Zeit der Pinochet-Diktatur, also zwischen 1973 und 1990, in | |
Untersuchungshaft. Ihnen wird unter anderem versuchter Mord, Bildung einer | |
kriminellen Vereinigung, Gewalt gegen die Polizei, Brandstiftung und | |
Holzdiebstahl vorgeworfen. | |
Erzbischof Ricardo Ezzati, der als Vermittler zwischen der Regierung und | |
den Mapuche, fungierte, sagte: „Entsprechend der Rechtslage, kann nicht | |
weiter auf den terroristischen Anklagen bestanden werden, die unter der | |
Präsidentschaft von Michelle Bachelet vorgelegt wurden. In dem neuen | |
rechtlichen Rahmen ist die Regierung nicht mehr der Überzeugung, dass die | |
Taten, für die die Mapuche angeklagt sind, weiterhin als terroristisch | |
eingestuft werden können.“ | |
Mit diesen gewundenen Worten bezog sich Ezzati auf die am Freitag vom | |
Kongress beschlossenen Änderungen beim Antiterrorgesetz. Zudem zeigen sie, | |
wie Staatspräsident Sebastián Piñera dem Vorwurf entgeht, er habe sich | |
erpressen lassen. Die Verantwortung für die Altlast liegt allein bei der | |
sozialistischen Amtsvorgängerin. Tatsächlich stammen die Anklagen und | |
Festnahmen nach dem Antiterrorgesetz aus der Amtszeit der sozialistischen | |
Präsidenten Ricardo Lagos und Michelle Bachelet. | |
Der Vorschlag der Regierung wurde jedoch von den zehn Mapuche im Gefängnis | |
von Angol als unzureichend abgelehnt. Jorge Huenchullán, Sprecher der | |
Mapuche in Angol, kritisierte das Auseinderbrechen der Streikfront. Zwar | |
habe die Regierung die Änderung der Anklagen nach dem Antiterrorgesetz | |
zugesagt, aber nicht die regierungsunabhängige Staatsanwaltschaft. Zudem | |
schließt der Vorschlag der Regierung nicht aus, dass künftig das | |
Antiterrorgesetz nicht mehr gegen die Mapuche angewandt werden soll. | |
Es ist eine „realistische Entscheidung“ der Inhaftierten, die damit „ihr | |
Leben zu schützen“, verteidigte Natividad Llanquileo, Sprecherin der 28 | |
Mapuche, die Annahme des Regierungsvorschlags. Damit ist unter der rechten | |
Regierung von Präsident Sebastián Piñera ein „wichtiger Präzidenzfall | |
geschaffen“. Unter den vorherigen Regierungskoalitionen aus | |
Christdemokraten und Sozialisten, hatte es keinerlei Kompromissbereitschaft | |
von Seiten des Staates gegeben, so Llanquileo. | |
Den Ureinwohnern, die mit rund 650.000 Angehörigen knapp sieben Prozent der | |
chilenischen Bevölkerung stellen, geht es um Selbstbestimmung und das Recht | |
auf ihr Land. Der chilenische Staat sowie große Bergbau- und | |
Zellulosekonzerne sind am Zugriff auf die Bodenschätze, das Holz und das | |
Wasser interessiert. | |
3 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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