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# taz.de -- FLÜCHTLINGE: Kirche als letzter Rettungsanker
> Eine internationale Kirchenasyl-Tagung trifft sich in der
> Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg. Für Pfarrer Passoth ist die Nothilfe in
> Berlin längst eine "etablierte Grauzone"
Bild: Für Flüchtlinge manchmal die letzte Hoffnung: Asyl in einer Kirche.
Kirchenasyl, sagt Jörg Passoth, könne immer nur ein Zeichen sein. Aber
eines, das konkret und wirkungsvoll Hilfe leiste. Passoth, 67 Jahre, ist
evangelischer Pfarrer im Ruhestand - und Strippenzieher für Kirchenasyle in
Berlin. Seit 27 Jahren gibt es diese Nothilfe in der Stadt. "Aus dem
anfänglichen Kampf ist eine etablierte Grauzone geworden", resümiert
Passoth.
Am heutigen Donnerstag beginnt in der evangelischen Heilig-Kreuz-Kirche in
Kreuzberg eine viertägige Tagung der Bundesarbeitsgemeinschaft "Asyl in der
Kirche": Kirchenleute, Europaabgeordnete und Flüchtlingsaktivisten wollen
Perspektiven des Kirchenasyls und eine europaweite Vernetzung der Bewegung
diskutieren.
In Berlin reichen die Erfahrungen mit Kirchenasylen weit zurück. 1983
erteilt die Heilig-Kreuz-Gemeinde das erste Asyl - für eine fünfköpfige
jordanische Familie, die anschließend ein dauerhaftes Bleiberecht erhält.
Passoth schätzt, dass die Hilfe seitdem etwa 200-mal gewährt wurde. Rund
1.000 Menschen hätten davon profitiert.
Aufgenommen würden Flüchtlinge, von denen die Kirche überzeugt sei, dass
gewichtige Gründe gegen eine Abschiebung übersehen wurden, erklärt Passoth.
Es seien zumeist die Beratungsstellen, die akut Ausreisepflichtige an "Asyl
in der Kirche" vermittelten. Passoth kann sich an nur wenige Fälle
erinnern, bei denen der Verein nicht tätig wurde. "Nur wenn im Grunde alles
entschieden ist, es keine Möglichkeit der Intervention mehr gibt, mussten
wir Menschen abweisen." Andernfalls sucht der Verein nach einer
aufnahmebereiten Kirche und recherchiert mit Gemeindemitgliedern die
Fluchtgeschichte. So sollen den Behörden neue Erkenntnisse geliefert
werden, die eine Abschiebung verhindern.
Heute stehen in Berlin zehn Gemeinden, eine diakonische Einrichtung und ein
Verein bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Zusätzlich existieren
"Gästewohnungen" als vorübergehende Notunterkünfte für Personen ohne
Aufenthaltspapiere. 2009 haben acht evangelische und eine katholische
Gemeinde sowie zwei Einrichtungen Kirchenasyle gewährt - für 32
Flüchtlinge. Die meisten Aufnahmen laufen geräuschlos: Ohne in die
Öffentlichkeit zu gehen, verhandelt die Kirche mit der Innenverwaltung. So
wird auch im momentan einzigen laufenden Berliner Kirchenasyl verfahren.
Das letzte erfolgreiche Kirchenasyl wurde im Mai abgeschlossen: Eine Frau
und ihr Sohn sollten nach Togo abgeschoben werden, dem bereits
ausgewiesenen Vater folgen. Die Aufnahme in eine ökumenische Gemeinde
verhinderte dies. Mutter und Sohn haben heute ein befristetes Bleiberecht.
6 Oct 2010
## AUTOREN
Konrad Litschko
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