# taz.de -- Praktikanten-Komödie in der ARD: Sie jammert nicht | |
> Mit ihrem Bruder schreibt Anna Brüggemann gute Filme für kleines Geld. | |
> Als Schauspielerin in "Ein Praktikant fürs Leben" macht sie Skriptmängel | |
> wett (20.15 Uhr, ARD). | |
Bild: Nummernrevue der Klischees über die "Generation Praktikum": Ein Praktika… | |
"Das wars?" Anna Brüggemann klingt ein bisschen enttäuscht, als das | |
Interview nach einer Stunde zu Ende geht. Denn anders als viele Kollegen | |
genießt sie die. "Es ist doch ein totaler Luxus, sich hinzusetzen und | |
Fragen zu beantworten", sagt Brüggemann - auch wenn das Interesse an ihr | |
die 29-Jährige manchmal befremdet: "Eigentlich ist es doch völlig wurscht, | |
was man als Schauspieler so denkt und ob man gern Salat isst." | |
Andererseits kennt der Fan in ihr bei Kollegen, die sie verehrt, Meryl | |
Streep etwa, auch den "natürlichen Wunsch", wissen zu wollen, "was das | |
eigentlich für ein Mensch ist". | |
Um sich von indiskreten Journalistenfragen oder den unvermeidlichen | |
Wiederholungen zermürben zu lassen, ist Brüggemann viel zu pragmatisch. | |
"Der Interviewmarathon zu ,Renn, wenn du kannst' war streckenweise mühsam", | |
sagt sie. "Dann haben mein Bruder und ich aber gedacht: Ja mei, das ist | |
halt das Interesse an unserer Arbeit? Was wäre die Alternative? Dass die | |
Leute sich nicht dafür interessieren?" Und schon kam die Motivation zurück. | |
Mit ihrem großen Bruder Dietrich hat Anna Brüggemann schon zwei Drehbücher | |
geschrieben, zu dessen Langfilmdebüt "Neun Szenen" und, weils so gut lief, | |
dann auch zu "Renn, wenn du kannst", der auf der Berlinale gefeiert wurde, | |
Dietrich führte Regie, Anna spielte einer der Hauptrollen. Derzeit sitzen | |
sie am dritten Buch. "Wir haben großen Spaß an der Fantasie des anderen", | |
sagt Anna Brüggemann. "Schon als Kind habe ich über Dietrichs Faxen am | |
meisten gelacht." | |
Weil es ihr aber wichtig ist, "nicht nur als die wahrgenommen zu werden, | |
die immer Filme mit ihrem Bruder macht", dreht Brüggemann gerade mit Marcus | |
H. Rosenmüller ("Wer früher stirbt, ist länger tot") im Bayerischen Wald | |
und ist heute Abend in "Ein Praktikant fürs Leben" zu sehen (Regie: Ingo | |
Rasper; Buch: Claudia Kaufmann) - einer Nummernrevue der Klischees über die | |
"Generation Praktikum": "Man hat versucht, dieses komplexe | |
gesellschaftliche Problem in eine Komödie zu packen, aber auch die | |
Ernsthaftigkeit aufblitzen zu lassen", analysiert Brüggemann diplomatisch, | |
"das ist sehr, sehr schwer." | |
Ihre ambivalente Darstellung der Empfangsdame Jana, "die versucht, sich | |
hochzuschlafen, sich das aber nicht eingesteht", ist dennoch sehenswert - | |
eine junge Frau zwischen dem Chef (August Zirner), der sie verarscht, und | |
dem Praktikanten (Roman Knizka), der sie vergöttert. | |
Brüggemann selbst hat nie ein Praktikum gemacht, "weil ich von Anfang an in | |
dem Beruf, in dem ich arbeiten wollte, arbeiten konnte, diesen Wunsch auch | |
nie in Frage gestellt habe." Ihren ersten Film drehte sie mit 15, nach dem | |
Abi in Regensburg folgten "Tatort"-Episodenrollen und die Ost-West-Komödie | |
"Kleinruppin forever". Manchmal hadert Brüggemann mit ihrer Zielstrebigkeit | |
- "war es ein Fehler, nicht auch mal links und rechts zu gucken?" -, aber | |
nur kurz. Ihr Psychologie-Fernstudium hat sie abgebrochen - zu viel zu tun. | |
"Seit ich Drehbücher schreibe, hat das Gefühl, intellektuell auf der Stelle | |
zu treten, zum Glück auch abgenommen." | |
Weil Anna und Dietrich Brüggemann, die das "Anything goes" der 90er nur aus | |
Erzählungen kennen, sich von immer knapperen Budgets nicht unterkriegen | |
lassen, gelten sie als Hoffnungsträger des deutschen Films. "Wenn wir uns | |
20 Jahre halten, kann man vielleicht sagen, dass wir ein Role-Model waren", | |
relativiert Brüggemann, "aber bis jetzt murkeln wir doch auch nur rum." | |
Sich über die Umstände zu beklagen - mehr Druck, weniger Drehtage, weniger | |
Geld aufm Konto - käme ihr nicht in den Sinn: "Jammern nervt, jammern, ohne | |
was zu tun, bringt ja auch nichts." Eine Haltung, die man - auch wenn sie | |
das nicht gern hört - nur vorbildlich nennen kann. | |
13 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
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Film | |
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