# taz.de -- Kulturpolitik: "Wir brauchen eine Strategie" | |
> Ex-Thalia-Intendant Jürgen Flimm ruft zu massiven öffentlichen Protesten | |
> gegen die Kürzungen bei der Kultur auf. Bücherhallen-Chefin fordert einen | |
> runden Tisch. | |
Bild: Schon mal ein Anfang: Protest mit Pauken und Flöten am 24.9. vor der Kul… | |
Vielleicht ist es ja der Beginn eines großflächigen Hamburger Kulturkampfs. | |
Und vielleicht erlangt er ja sogar noch Ausmaße wie der Protest gegen | |
"Stuttgart 21". Immer stetiger jedenfalls formiert sich der Widerstand | |
gegen die Sparbeschlüsse der schwarz-grünen Koalition: 32.000 | |
Unterschriften etwa hat die Bürgerinitiative für den Erhalt des Altonaer | |
Museums inzwischen gesammelt, vor dem Schauspielhaus ist ebenso gegen den | |
drohenden Kultur-Kahlschlag protestiert worden wie auf einem | |
Solidaritäts-Abend im Thalia Theater. | |
Die Bücherhallen (HÖB) indes, gleichfalls massiv zur Kasse gebeten, haben | |
sich bislang eher ruhig verhalten. Das könnte sich ändern: Einen runden | |
Tisch, der die betroffenen Kulturinstitutionen und die Politik zusammen | |
bringt, hat HÖB-Chefin Hella Schwemer-Martienßen am Mittwoch gefordert. Sie | |
reagiert damit auch auf die konstante Absenz von Kultursenator Reinhard | |
Stuth (CDU), der Kommunikations-Defizite jüngst selbst eingeräumt hatte. | |
"Es ist an der Zeit, praktikable Lösungen zu diktieren", sagte sie der taz. | |
Die Idee zum "Einstieg in einen moderierten Prozess" hatte die | |
GAL-Abgeordnete Antje Möller am Dienstagabend auf einer Veranstaltung zu | |
Hamburgs "Kulturnotstand" auf Kampnagel geboren. Jetzt sollten Taten | |
Folgen, findet Schwemer-Martienßen. Auch Schauspielhaus-Geschäftsführer | |
Jack Kurfess ist von dem Vorschlag angetan. | |
Jürgen Flimm, Ex-Intendant des Thalia Theaters und derzeit Chef der | |
Berliner Staatsoper, geht noch weiter: Er plädierte am Dienstag für einen | |
massiven Protest der Hanseaten; für einen Zusammenschluss von Museums- und | |
Theater-Freundeskreisen sowie des Förderkreises der HÖB, von Vereinen und | |
Kulturinitiativen - egal, ob akut betroffen oder nicht. Es genüge nicht | |
mehr, "nur zu sagen, der Kultursenator ist ungebildet. Als alter Apo-Fuzzi | |
sage ich Ihnen, wir müssen eine Strategie des Widerstands entwickeln." | |
Hinter den Spar-Ideen des Senats, so Flimm, stecke das Ausbluten der | |
Hamburger Kultur. | |
Einen so kommunikationsabstinenten Kultursenator wie Stuth habe er in | |
seiner eigenen Hamburger Zeit allerdings nie erlebt, räumte er ein. Da | |
seien Intendanten jeweils im Voraus auf Einsparungen vorbereitet worden - | |
und Verordnungen, wo zu sparen sei, habe es auch nicht gegeben. Befremdlich | |
nannte Flimm es zudem, dass auch nicht-konservative Politiker zu dem | |
Prozedere schwiegen: "Von SPD und GAL fühle ich mich zutiefst im Stich | |
gelassen." | |
Womit er nicht allein steht: Auch auf Nachfrage gibt sich die GAL wortkarg. | |
"Mit uns wird es ein Kaputtsparen des Schauspielhauses nicht geben", sagt | |
etwa der Abgeordnete Farid Müller. Tage zuvor hatte er dem Schauspielhaus - | |
das 1,2 Millionen sparen muss - geraten, das auch über eine hochwertige | |
Gastronomie abzufangen. Zudem verweist er auf die geplante Kulturtaxe, aus | |
der 7,5 Millionen Euro für "Kultur-Events" sprudeln sollen. | |
"Wenn die Taxe kommt, warum wird dann überhaupt gespart?", fragt sich da | |
Christel Oldenburg, kulturpolitische Sprecherin der SPD. Man hätte die | |
Einsparungen auf mehr Schultern verteilen sollen, sagt sie. Und den | |
Widerstand "werden wir natürlich unterstützen". | |
13 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Petra Schellen | |
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