# taz.de -- Vor Datenschutz-Gipfel: Ministerinnen drohen Facebook & Co | |
> Kampfansage von Aigner und Leutheuser-Schnarrenberger an die | |
> Netzkonzerne. Sie fordern, dass Personendaten eine Halbwertszeit | |
> bekommen, sonst wird eingegriffen. | |
Bild: Ist der Datenumgang eine "Überlebensfrage" für soziale Netzwerke? | |
Das deutsche Datenschutzgesetz stamme aus der Zeit, als ein Telefon noch | |
eine Wählscheibe hatte, sagt Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). | |
Deshalb muss es jetzt schnell gehen: Beim IT-Gipfel in Dresden am 7. | |
November sollen die Bundesregierung und die Branche konkrete Vorschläge auf | |
den Tisch legen. Die Erwartungen der bekennenden Facebook-Kritikerin liegen | |
dabei hoch. "Die Frage, wie mit persönlichen Daten umgegangen wird, ist | |
eine Überlebensfrage für alle, die damit im Netz Geschäftsmodelle aufgebaut | |
haben", drohte Aigner beim Internet-Gipfel auf den Münchener Medientagen. | |
Die Politik werde sowieso flankierend eingreifen, sekundierte | |
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Eine | |
gesetzliche Regelung ist nicht vom Tisch", die Bundesregierung werde nicht | |
allein auf Selbstkontrolle der Branche setzen. Es bringe aber nichts, "für | |
jedes einzelne Angebot, wie zum Beispiel soziale Netzwerke, ein | |
Spezialgesetz zu schaffen, das wäre eher ein Zeichen von Hilflosigkeit." | |
Bei den Selbstverpflichtungen der Branche geht es den Ministerinnen vor | |
allem darum, Widerspruchsregelungen, wie zum Beispiel bei Google Street | |
View, möglichst einfach zu gestalten - und nicht für die Betroffenen "mit | |
großem bürokratischen Aufwand zu verbinden", sagte Aigner. Dazu gehöre aber | |
auch, persönliche Daten und Bilder mit einer konkreten Halbwertszeit zu | |
versehen, nach deren Ablauf die jeweiligen NutzerInnen entweder regelmäßig | |
neu ihr Okay zur weiteren Onlinepräsenz geben müssten. Geschieht das nicht, | |
hofft Aigner "auf eine Regelung, dass sich diese Daten und Bilder dann von | |
selber löschen". | |
Ungelöste Probleme | |
Denn nur so lässt sich das Grundproblem der Netzwelt halbwegs in den Griff | |
bekommen: "Das Internet kennt keine Löschfunktion", sagt | |
Google-Deutschland-Chef Philipp Schindler. Man müsse hier aber bitte | |
differenzieren: "Denn Google ist nicht das Internet" - wirklich löschen | |
könne aber auch Google nichts. "Wir können bei illegalen Inhalten die | |
entsprechenden Websites aus unserem Suchindex entfernen. Tiefer kommen wir | |
aber nicht." Das sei eben "ein ungelöstes Problem der digitalen Welt", sagt | |
Schindler, allerdings hat man nicht den Eindruck, dass ihn das stört. | |
Der Politik bleibt allerdings nichts anderes übrig, als auf die | |
Selbstverpflichtungen der Branche zu setzen. "Wir können ganz viel in unser | |
Datenschutzrecht hineinschreiben", so Leutheusser-Schnarrenberger, "das | |
lässt sich dann aber in den USA oder Afrika nicht umsetzen, wenn da die | |
Server stehen." Daher komme es hauptsächlich auf aufgeklärte, bewusste | |
NutzerInnen an: Diese müssten sich "bewusst sein: Wenn sie einmal ihre | |
Daten im Netz eingestellt haben, sind sie raus aus dem Geschäft." | |
Für Wolfgang Schulz, Direktor des Hamburger Hans-Bredow-Instituts, macht | |
dabei die Konzentration auf die Großen der Branche Sinn: Beim Jugendschutz | |
habe man sich auf die großen Anbieter konzentriert, um einheitliche | |
Standards durchzusetzen. Noch duckten sich diese bei der | |
Datenschutzdiskussion aber weg. Ohnehin ändere sich die kulturelle | |
Definition, was Privatsphäre und was öffentlich sei, stetig - "aber das ist | |
kein neues Phänomen". Umfassend-endgültige Lösungen gibt es dabei nicht, | |
"alles, was mir machen können, ist Risikomanagement". Und noch geht da | |
manches durcheinander: Als sein Medieninstitut mit einem klassischen | |
Fragebogen die Nutzung und Einschätzung von sozialen Netzwerken wie | |
Facebook bei SchülerInnen abfragen wollte, hätten diese empört abgelehnt, | |
so Schulz: "aus Datenschutzgründen". | |
14 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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