# taz.de -- Ausbildungspakt erneuert: Entspannung für Azubis | |
> Wirtschaft und Regierung haben den Ausbildungspakt neu aufgelegt, 60.000 | |
> neue Ausbildungsplätze sollen entstehen. Heftige Kritik äußerte der DGB. | |
Bild: Wirkt angespannt: Mechatronik-Azubi | |
BERLIN taz | Bundesregierung und Arbeitgeberverbände haben am Dienstag den | |
Ausbildungspakt für die Jahre 2010 bis 2014 erneuert. Der Pakt sieht unter | |
anderem vor, dass die Wirtschaft jährlich 60.000 neue Ausbildungsplätze und | |
30.000 neue Ausbildungsbetriebe einwirbt, erklärte der Präsident des | |
Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann. | |
Allerdings stehe diese Zusage unter einem "demografischen Vorbehalt", sagte | |
Driftmann. Denn in vielen Regionen fehlten die Bewerber. Die Ziele "können | |
wir daher nur erreichen, wenn es ausreichend ausbildungsreife junge | |
Menschen gibt, die sich um Ausbildungsplätze bewerben", sagte Driftmann. | |
Zuvor hatte Raimund Becker, Mitglied im Vorstand der Bundesagentur für | |
Arbeit (BA), eine positive Bilanz des Ausbildungsjahres 2009/2010 gezogen. | |
"Die Lage hat sich verbessert, wir haben weniger unversorgte Bewerber", | |
sagte Becker. Laut BA gab es von Oktober 2009 bis September 2010 552.200 | |
Bewerber für einen Ausbildungsplatz, 3.300 weniger als ein Jahr zuvor. | |
Zugleich registrierte die BA 483.500 Ausbildungsstellen, 1,7 Prozent mehr | |
als ein Jahr zuvor. Die Zahl der unversorgten Bewerber beläuft sich auf | |
12.300, die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen auf 19.600. Die BA | |
zählt nicht die über 72.000 ausbildungsreifen Jugendlichen mit, die allein | |
von Oktober 2009 bis September 2010 als Neuzugänge eine Maßnahme beim | |
Arbeitsamt machen, weil sie keinen Ausbildungsplatz bekommen haben. | |
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) betonte, das Thema | |
"Fachkräftesicherung steht ganz oben auf der Agenda". Dafür habe man mit | |
der Kultusministerkonferenz sowie mit der Integrationsbeauftragten Maria | |
Böhmer (CDU) zwei neue Partner für den Ausbildungspakt gefunden. | |
Künftig will sich die Bundesregierung verstärkt um leistungsschwache | |
Schüler, Migranten und sogenannte Altbewerber bemühen. Dafür wird unter | |
anderem das Projekt "Bildungsketten" ins Leben gerufen. Rund 30.000 | |
"förderungsbedürftige Schülerinnen" sollen damit ab der 7. Klasse und der | |
Hilfe von 1.000 "Berufseinstiegsbegleitern" bis zu einem Ausbildungsplatz | |
begleitet werden. Auch die Angebote zur Berufsorientierung wolle man | |
ausbauen, sagte Brüderle. | |
Heftig kritisiert wurde der Ausbildungspakt vom Deutschen Gewerkschaftsbund | |
(DGB). Noch am Montagabend habe eine Einigung zwischen allen Beteiligten | |
vorgelegen. Doch die Arbeitgeberverbände hätten die Verhandlungen "mit | |
neuen Forderungen zu Verschlechterungen beim Jugendarbeitsschutz und der | |
Anerkennung von zweijährigen Schmalspur-Ausbildungen scheitern lassen", | |
erklärte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. | |
"Warum es nicht möglich war, erschließt sich mir nicht", kommentiert | |
Handelskammerpräsident Driftmann die Absage des DGB. Arbeitgeberpräsident | |
Dieter Hundt erneuerte die Forderung nach Lockerung des | |
Jugendarbeitsschutzgesetzes: Dies "würde sich positiv auswirken". Konkret | |
denkt man auf Arbeitgeberseite daran, das Beschäftigungsverbot für | |
Minderjährige am Wochenende und vor 6 und nach 22 Uhr zu lockern. Das soll | |
der Gastronomiebranche helfen, die 46 Prozent der Ausbildungsplätze nicht | |
mehr besetzen kann. | |
Brüderle betonte, eine Lockerung des Arbeitsschutzes "steht nicht auf der | |
Agenda". | |
26 Oct 2010 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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