# taz.de -- Neues Programm RockMelt: Ins Netz mit dem Freunde-Browser | |
> Viele Nutzer bewegen sich in sozialen Netzwerken und stellen dort ihre | |
> Inhalte ins Netz. Die Macher von RockMelt glauben, dass sie einen eigenen | |
> Browser brauchen. | |
Bild: Gesichter sehen dich an: RockMelt. | |
Marc Andreessen, Erfinder des Pionier-Browsers Netscape, hat ein Näschen | |
für gute Geschäftsideen. Nach seinem ersten großen Erfolg führte er mit der | |
Infrastrukturfirma Opsware eine weitere Neugründung an die Börse und | |
verdiente erneut Millionen. Mittlerweile er nur noch Investor und betreibt | |
eine eigene Risikokapitalfirma. Mit ihr hat er in das Internet-Unternehmen | |
[1][RockMelt] investiert und gibt gleichzeitig eine prima Galionsfigur ab. | |
Über sein Investment muss man sich nicht wundern. RockMelts Kernprodukt ist | |
ein Browser. Er hört auf den gleichen Namen wie die Firma und soll, so | |
hoffen es jedenfalls die Macher, ein Browser für eine neue Nutzergeneration | |
werden. Diese unterscheidet sich, glaubt man bei RockMelt, diametral von | |
den vorhergegangenen. Statt im Netz hauptsächlich zu konsumieren, will der | |
Nutzer 2.0 ständig mit seinen Freunden chatten, mit wenigen Mausklicks | |
Bilder, Videos oder Bewertungen hochladen. Und das alles soll, wenn | |
möglich, an einem zentralen Ort für mehrere Netzwerke (von Twitter bis | |
Facebook) erledigt werden, damit es nicht zu viel Zeit kostet. | |
RockMelt glaubt, eine Marktlücke gefunden zu haben. Um den Hype noch zu | |
schüren, macht sich der kostenlose Browser derzeit noch rar. Anfangs darf | |
man nur auf Freundeseinladung mitmachen oder darauf hoffen, über Facebook | |
einen "Early Access" zu erhalten. Eine Million User will RockMelt möglichst | |
schnell einsammeln - ein bescheidenes Ziel. | |
Wer Zugang zum neuen Browser hat, sieht etwas, das Googles Browser Chrome | |
ähnlich sieht. Das hat seinen Grund: RockMelt ist kein neues Produkt, | |
sondern nutzt für die Darstellung von Webseiten die | |
Chrome-Grundlagentechnik Chromium. Ergänzt wird sie mit eigenen | |
Fensterbereichen für soziale Netzwerke. Auf der linken Seite sieht man | |
seine Lieblingsfreunde, während rechts verschiedene Dienste prangen. Hier | |
kann man dann beispielsweise seinen Facebook-Nachrichtenstrom (Newsfeed) | |
lesen, ohne bei Facebook auf die Seite gehen zu müssen, einen Tweet senden | |
oder etwas bei Evernote bookmarken. | |
Ein "Teilen"-Knopf ("Share") erlaubt das flotte Übertragen von Inhalten ins | |
persönliche Lieblingsnetz - oder aber direkt an Freunde. Der Satz "Guck | |
mal, tolles Katzenvideo!" samt Multimedia-ANhang war wohl noch nie so | |
schnell übermittelt wie hier. Schön ist auch eine Suchfunktion, die das | |
schnelle Öffnen von interessanten Ergebnissen in Tabs erlaubt. | |
RockMelts Ansatz ist keineswegs neu. So existiert mit [2][Flock] bereits | |
seit 2005 ein ähnliches Produkt, das seine Macher "Social Web Browser" | |
nennen. Auch bei Flock sind soziale Netzwerke in eigenen Browser-Bereichen | |
untergebracht und lassen sich beim Surfen schnell aufrufen. Ursprünglich | |
baute Flock auf den freien Browser Mozilla Firefox auf, schwenkte | |
zwischenzeitlich aber auf Googles Chromium um. Vom Aufbau nehmen sich | |
RockMelt und Flock wenig, entscheidend ist der Funktionsumfang. Und da | |
wirkt RockMelt moderner als Flock, bei dem sich Beobachter bereits seit | |
einigen Jahren fragen, wie es sich finanziert. | |
Zudem muss die Frage erlaubt sein, ob spezielle Browser für soziale | |
Online-Aktivitäten wirklich nötig sind. So nutzt beileibe nicht jeder die | |
Netzwerke, Foto- und Videoangebote oder Bewertungsportale so intensiv, wie | |
es die RockMelt-Macher der Welt in einem eigens produzierten [3][Werbefilm] | |
weismachen wollen. | |
Auch ist das Interface des Browsers mit all den Freundesbildchen derart | |
überfrachtet, dass man vom Wesentlichen abgelenkt wird: dem Surfen im Web. | |
Da es längst Programme gibt, die das Netzwerken in einer [4][eigenen | |
Applikation] zusammenfassen, stellt sich die Frage, was das alles überhaupt | |
soll. | |
Schließlich wäre da noch das Thema Datenschutz. Wer RockMelt nutzt, | |
überträgt wichtige Infos aus seinen sozialen Netzwerken zunächst an das | |
Unternehmen, die diese auch zwischenspeichert. Einige Teile der | |
[5][Datenschutzbedingungen] haben es, zumindest aus europäischer Sicht, in | |
sich. So räumt RockMelt ein, "persönlich identifizierbare Informationen" zu | |
speichern und sammelt sie unter anderem, um "RockMelt besser zu machen". | |
Später gelöscht werden können sie nicht in jedem Fall. Weil die meisten | |
Informationen "anonym" seien, könne es für RockMelt "schwer (oder gar | |
unmöglich)" sein, die Daten zu lokalisieren und zu vernichten. "Wenn Sie | |
wollen, dass wir Ihre Daten löschen, kontaktieren Sie uns." Man werde dann | |
den Versuch unternehmen, alle Daten zu finden und zu löschen, "wenn wir | |
keine rechtliche Verpflichtung haben, sie aufzubewahren". | |
9 Nov 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.rockmelt.com | |
[2] http://flock.com | |
[3] http://www.youtube.com/watch | |
[4] http://realmacsoftware.com/socialite/ | |
[5] http://www.rockmelt.com/privacy.html | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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