| # taz.de -- Sprachprobleme und Militär: Stille Post in Afghanistan | |
| > Sprachprobleme behindern den Bundeswehreinsatz. Waren sie auch | |
| > entscheidend in der Kundus-Bombennacht? Darüber diskutierte der | |
| > Untersuchungsausschuss. | |
| Bild: Waren Sprachbarrieren im Spiel? Der ausgebrannte Tanklaster aus der Kundu… | |
| BERLIN taz | Die Geschichte trug sich schon Mitte letzter Legislaturperiode | |
| zu, der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung bereiste den | |
| Norden Afghanistans. Mit zahlreichen Exzellenzen aus der Provinz | |
| Badachschan begutachtete der CDU-Mann eine Brücke, gerade war sie mit | |
| deutscher Hilfe aufgebaut worden. "Diese Brücke ist sechs mal vier | |
| Kilometer schwer", erfuhr der verdutzte Minister. Eine kleine | |
| Fehlinformation, ein Lacher. | |
| Doch er steht für ein Grundproblem in Afghanistan: Die Übersetzungen sind | |
| oft ungenau und beeinträchtigen die Arbeit der Bundeswehr. Mit | |
| möglicherweise fatalen Folgen: Denn auch in der Bombennacht von Kundus am | |
| 4. September des vergangenen Jahres können ungenaue Übersetzungen zwischen | |
| Schlüsselpersonen eine bislang unbekannte Rolle gespielt haben. Unter | |
| anderem darüber hat am Donnerstag der Kundus-Untersuchungsausschuss des | |
| Bundestags beraten. | |
| In besagter Bombennacht kamen bei einem vom deutschen Oberst Georg Klein | |
| angeordneten Angriff auf Tanklaster in der Nähe von Kundus bis zu 142 | |
| Menschen ums Leben, davon viele Zivilisten. Es war seit dem Zweiten | |
| Weltkrieg der folgenreichste militärische Einsatz, an dem deutsche Truppen | |
| beteiligt waren. In der Folge trat Jung als Minister zurück, sein | |
| Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geriet unter Druck. | |
| In einer der letzten Zeugenvernehmungen des Untersuchungsausschusses, die | |
| sich direkt mit den Geschehnissen der Nacht befassten, ging es nun vor | |
| allem um den holprigen Kommunikationsweg von Oberst Klein zu seinen | |
| Informanten. Klein wurde in der Nacht über mehrere Mittelsmänner über die | |
| Geschehnisse am späteren Tatort, eine Sandbank in einem Flussbett nahe | |
| Kundus, unterrichtet. | |
| So gab es einen Informanten, der sich am oder in der Nähe des Flussbetts | |
| aufgehalten habe - darüber gibt es nach Informationen der taz so viele | |
| Versionen wie Zeugen. Der Informant war telefonisch mit einem | |
| Sprachermittler verbunden, der die Informationen wiederum zwei | |
| "Kollektoren" übersetzte. Diese teilten die Erkenntnisse über die | |
| Entwicklungen ihrerseits am Ende der Kette Oberst Klein mit - der auf | |
| dieser Basis später bombardieren ließ. Es klingt wie stille Post am | |
| Hindukusch - mit Todesfolge. | |
| Nun gibt es Zweifel an dem Sprachermittler. Seine Version davon, wo sich | |
| der Informant aufhielt, unterscheidet sich von anderen Versionen. Absicht - | |
| oder wieder ein Übersetzungsproblem? Nach Informationen der taz war der | |
| Sprachermittler nicht sicherheitsüberprüft. Hat der Sprachermittler, ein | |
| Deutschafghane, die richtigen Informationen weitergegeben? Mysteriös ist | |
| ein weiteres Detail: Der Informant nahe der Tanklaster ist mittlerweile | |
| tot. Wie nahe stand er den Taliban? | |
| Endgültig geklärt werden konnten die Fragen bis Redaktionsschluss nicht, | |
| der Ausschuss tagte noch bis in den Abend. Geklärt werden konnte, dass im | |
| Januar Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige Außenminister | |
| Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf Antrag der Grünen aussagen müssen. Bis | |
| dahin folgen weitere hochrangige Zeugen: So wird Merkels außenpolitischer | |
| Berater Christoph Heusgen befragt, General Egon Ramms - und BND-Chef Ernst | |
| Uhrlau. Auch einer der Fahrer der bombardierten Laster wird zu Wort kommen. | |
| Hoffentlich: mit guter Übersetzung. | |
| 11 Nov 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Gordon Repinski | |
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