Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Chinesischer Ökonom zum G-20-Gipfel: "Es ist ein furchtbares Dilem…
> Der chinesische Ökonom Wang Zihong über den internationalen
> Währungsstreit, den G-20-Gipfel in Seoul und die Überforderung Chinas.
Bild: Ob Grün, ob rot, Geld tut immer not.
taz: Herr Wang Zihong, wie wichtig war dieser G-20-Gipfel für China?
Wang Zihong: Für Chinas Politiker war es wichtig, noch einmal die
chinesische Währungspolitik zu erklären. Sie sind ja für den billigen Yuan
stark kritisiert worden. Ebenso wichtig ist für China die Reform von
internationalen Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds. Wir
stehen vor einem sehr komplizierten Problem: Die aufstrebenden
Wirtschaftsnationen erhalten nun einen größeren Stimmenanteil. Das heißt
auch: Sie müssen mehr Geld einzahlen. Doch die USA behalten ihr Vetorecht.
Ich glaube nicht, dass wir da eine Lösung finden werden.
Warum wertet Peking den Yuan nicht auf, so wie es die USA und die EU
fordern?
Ich glaube, dass die USA und andere Länder begriffen haben, das China seine
Währung in den vergangenen Jahren bereits aufgewertet hat. Die Vorwürfe,
das China den Yuan zu niedrig halte, um seine Exporte zu verbilligen,
werden wohl dennoch in absehbarer Zeit nicht nachlassen.
China besitzt den größten Schatz an Dollarreserven der Welt. Jetzt fürchten
viele, dass die Inflation ihren Schatz entwerten wird. Warum tauscht Peking
seine Dollars nicht in andere Devisen um?
(lacht) Wogegen sollte China seine Dollarreserven denn eintauschen? Es ist
vernünftig, die Dollars zu behalten. Der Dollar ist immer noch die
billigste Währung für internationale Transaktionen, selbst wenn er im
Vergleich zu anderen Währungen an Wert verliert. Ein einfaches Beispiel:
Selbst wenn ich weiß, dass die Wasserpreise steigen werden, will ich mein
Gehalt nicht in Form von Wasser ausgezahlt bekommen. Ich ziehe Geld vor.
Dieselbe Logik gilt für unsere Haltung zum Dollar.
Die Furcht ist groß, dass ein Teil der von der Fed gedruckten 600
Milliarden Dollar als Spekulationsgelder nach China fließt und die Preise
durcheinanderbringt.
Die Regierung versucht, diese spekulativen Gelder zu stoppen. Das ist
allerdings schwierig. Obwohl China keinen offenen Finanzmarkt hat, strömt
"Hot Money" auf allen möglichen obskuren Wegen ins Land. Wir stehen vor
einem furchtbaren Dilemma: Angesichts unserer großen Dollarreserven wollen
wir natürlich, dass der Dollar stark bleibt. Dafür braucht es eine starke
US-Wirtschaft. Um die wieder in Schwung zu bringen, ist eine gewaltige
Konjunkturspritze wie diese 600 Milliarden Dollar nötig. So viel Geld zu
drucken führt aber zu einer Dollarschwächung.
Wie stark ist China? Ist es bereits eine wirtschaftliche Weltmacht?
Wenn man nur auf die Statistiken schaut, auf das Bruttosozialprodukt und
die Exporte, lautet die Antwort: Ja. Wer genauer hinschaut, sieht die
Probleme. Ein Beispiel: Wir exportieren mehr, als wir importieren, weil
unsere Arbeitskräfte so billig sind. Wir müssen aber auch mit einem
Nachteil fertig werden: Wir besitzen im Verhältnis zu unserer großen
Bevölkerung nur sehr wenig landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Unser Boden
müsste eigentlich teurer als Gold sein.
In China ist das Land offiziell in Staatsbesitz …
Die örtlichen Behörden locken Investoren und Exportfirmen an, indem sie
ihnen die Grundstücke billig zur Verfügung stellen. Wir können unsere
Produkte also nicht nur wegen der niedrigen Löhne, sondern auch wegen der
viel zu geringen Kosten für die Landnutzung so günstig exportieren. Diese
Entwicklung ist langfristig nicht verkraftbar. Sie sehen: Hinter unseren
positiven Wirtschaftsdaten stecken viele Probleme. Schöne Statistiken
machen ein Land noch nicht stark.
Als die Regierung vor dreißig Jahren begann, die Wirtschaft zu öffnen, gab
der damalige starke Mann Deng Xiaoping die Devise aus, Chinas Diplomaten
sollten international Konflikte vermeiden und sich nicht nach vorn drängen.
Ändert sich das?
Vielleicht ganz allmählich. Das kann auch daran liegen, dass wir nach vorn
geschubst werden, obwohl wir es selbst gar nicht wollen. Für uns ist der
Yuan eine inländische und keine internationale Währung. Trotzdem ist sie so
einflussreich geworden - und plötzlich hagelt es Kritik und Anklagen aus
der ganzen Welt. Genauso geht es uns mit dem Klimawandel. Weil China und
die USA die größten Produzenten von Treibhausgasen sind, müssen wir uns
Vorwürfe anhören.
Peking reagiert verärgert über den Friedensnobelpreis an Liu Xiaobo. Könnte
diese Entwicklung Folgen für die Wirtschaftsbeziehungen Chinas zu anderen
Ländern haben?
Schwer zu sagen. Alles hängt davon ab, inwieweit sich China auch politisch
reformieren wird. Ich glaube allerdings, dass wir noch mehr Zeit brauchen,
um uns auch politisch zu öffnen.
12 Nov 2010
## AUTOREN
Jutta Lietsch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach dem G20-Gipfel: Anfänge einer neuen Ordnung
Am Ende sind sie alle Freunde: Das Treffen der 20 großen
Wirtschaftsnationen endet mit einem Kompromiss. Auch China macht
Zugeständnisse.
G-20-Gipfel in Seoul: Obama zum Kompromiss gezwungen
Beim Gipfel verzichtet der US-Präsident auf Grenzen für Exportüberschüsse.
Damit haben sich Deutschland und China durchgesetzt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.