# taz.de -- Prozess gegen Tschetschenen in Wien: Mord im Auftrag des Präsident… | |
> Ramsan Kadyrow, der Präsident Tschetscheniens, soll in Wien ein | |
> Terrornetzwerk unterhalten. Die Ministerien seien bislang passiv | |
> geblieben, kritisiert ein Grünen-Abgeordneter. | |
Bild: Gerät unter Verdacht: Ramsan Kadyrow. | |
WIEN taz | Der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow unterhält ein | |
terroristisches Netzwerk in Österreich. Diese Anschuldigung erhebt der | |
Grün-Abgeordnete Peter Pilz, der dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) | |
und dem Innenministerium indirekt Komplizenschaft vorwirft. | |
Am Dienstag hat in Wien der Prozess gegen drei Verschwörer im Mordfall Umar | |
Israilow begonnen. Der tschetschenische Flüchtling wurde am 13. Januar 2009 | |
in Wien erschossen. Dem Mord waren Drohungen und ein Entführungsversuch | |
vorausgegangen. Um Personenschutz hatte er vergeblich nachgesucht, obwohl | |
das BVT von seiner Gefährdung wusste. Als Kronzeuge in einem | |
Kriegsverbrecherprozess gegen Kadyrow vor dem Europäischen Gerichtshof für | |
Menschenrechte stand er auf einer im Internet veröffentlichten Todesliste. | |
Dass Kadyrow den Mord an seinem Exleibwächter selbst angeordnet hat, ist | |
offenbar auch für das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und | |
Terrorismusbekämpfung (LVT) manifest. In einer Anzeige an die | |
Staatsanwaltschaft nannte es ihn als Hauptverdächtigen in dem Mordfall. Im | |
Justizministerium habe man aber auf seine Verfolgung verzichtet. | |
Vor Gericht stehen lediglich drei Mittäter. Peter Pilz spricht von etwa 30 | |
Tschetschenen mit Flüchtlingsstatus in Österreich, deren Aufgabe es sei, | |
Regimegegner einzuschüchtern, zu verschleppen und notfalls zu ermorden. Dem | |
BVT seien diese Leute namentlich bekannt. | |
Vaha Banjaew, ein Sprecher der Exiltschetschenen, wurde am 21. Oktober in | |
Wien von einem Schlägertrupp krankenhausreif geprügelt. Er erzählt, er sei | |
vorher von namentlich identifizierten Spitzeln Kadyrows aufgefordert | |
worden, im Fall Israilow nicht weiter auf Aufklärung zu drängen. Pilz | |
verlangt, dass die tschetschenischen Agenten, die unter dem Schutz von Asyl | |
in Österreich Landsleute bedrohen, abgeschoben werden. Er fragt sich, wie | |
Innenministerin Maria Fekter es zulassen kann, dass der Kopf des Netzwerks, | |
ein enger Vertrauter von Kadyrow, zwischen Wien und Grosny pendeln kann. | |
Österreichs Innenministerium hat 2005 ein Abkommen mit dem russischen | |
Innenministerium unterzeichnet, das dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB | |
große Freiheiten einräumt. Dessen Vertreter an der russischen Botschaft in | |
Wien, Said Selim Peschkoew, bekam mehrere Monate einen Schreibtisch im BVT | |
und hatte Akteneinsicht. Pilz vermutet, dass ihm auch die Akten | |
tschetschenischer Flüchtlinge zugänglich gemacht wurden. | |
16 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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