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# taz.de -- Berliner grüne Jugend gegen Schwarz-Grün: "Die CDU ist die dunkle…
> Die Grüne Jugend fürchtet im Künast-Hype um das linke Profil ihrer
> Partei. Ihre SprecherInnen Madeleine Richter und Armin Feistenauer
> fordern mehr Radikalität. Eine Koalition mit der CDU ist für beide tabu.
Bild: Grün genug für die Grüne Jugend? Renate Künast macht die Faust
taz: Frau Richter, Herr Feistenauer, haben Sie eigentlich gerade im
Wendland gegen den Castortransport protestiert?
Madeleine Richter: Ja.
Armin Feistenauer: Klar.
So klar war das nicht. Renate Künast etwa war nicht da. Angeblich war sie
lieber shoppen, statt wie Sie dort im Regen zu stehen. Wie finden Sie das?
Richter: Schade. Aber das ist ihre persönliche Entscheidung, da muss sie
wissen, wo ihre Schwerpunkte liegen. Ich persönlich fand es extrem wichtig,
da zu sein.
Es gibt ja die Vermutung, Frau Künast sei deshalb nicht da gewesen, um
keine bürgerlichen Wähler zu vergrätzen. Zugleich titelt der Spiegel diese
Woche über die Grünen: "Die neue deutsche Volkspartei".
Richter: Da habe ich ein Gänsehautfeeling, da läuft mir ein Schauer den
Rücken runter - aber nicht vor Begeisterung. Ich frage mich schon, was das
für Konsequenzen hat und wohin sich die Partei bewegt.
Was befürchten Sie denn?
Richter: In meinen schlimmsten Albträumen ist es so, dass wir unser linkes
Profil verlieren.
Sie fürchten um das linke Profil, der scheidende Bundeschef der Grünen
Jugend sorgt sich um das linke Programm - was heißt denn "links" konkret?
Feistenauer: Da ist zum Beispiel die Diskussion über Hartz IV. "Links"
heißt für mich, zu sagen, dass das Prinzip des Förderns und Forderns
gescheitert ist. "Links" heißt für mich, nicht auf Kosten der Armen Politik
zu machen. Die Grüne Jugend hätte ja auch gern ein Grundeinkommen.
Festhalten am linken Programm - auch auf Kosten von Wählerstimmen?
Richter: Auf jeden Fall. Klar, die Welt verändert sich, aber man muss sich
zu gewissen Grundwerten bekennen und da auch eine gewisse Radikalität
zeigen - radikal im Sinne von: bei den Wurzeln bleibend. Natürlich kann man
dadurch Wähler verschrecken, aber das ist man sich auch schuldig, wenn man
authentisch bleiben will.
Feistenauer: Ich glaube, dass die Grünen gerade deshalb so erfolgreich
sind, weil sie ihre Linie so konsequent vertreten und nicht wie der
CSU-Chef Seehofer ihre Meinung der Stimmung anpassen. Wir müssen anecken,
bei den Grünen muss gelten: Nicht wir passen uns den Leuten an, sondern wir
überzeugen die Leute von unseren Ideen. Im Zweifelsfall verkaufen wir uns
nicht.
Dass Sie lieber authentisch sein und auch Stimmenverluste in Kauf nehmen
wollen - haben Sie das auch Frau Künast so gesagt? Die braucht jede Stimme,
um Regierende Bürgermeisterin zu werden.
Feistenauer: Natürlich würde auch die Grüne Jugend nicht fordern, dauernd
in Opposition zu sein. Renate Künast sagt: Wir machen es an den Inhalten
fest, das sagt jeder, das kann jede Partei unterschreiben. Die Frage ist,
wie viele Punkte man hat, die nicht verhandelbar sind. Da ist die Grüne
Jugend radikaler und sagt eher: Dann lassen wir es ganz bleiben.
Löst Künast denn bei der Grünen Jugend echte Begeisterung und Euphorie aus?
Richter: Das ist sehr unterschiedlich.
Feistenauer: Es gibt Kritiker, denen das Verfahren nicht gefällt, wie sie
Spitzenkandidatin geworden ist, und denen es auch nicht gefällt, dass wir
nun schon wieder eine Reala als Spitzenkandidatin haben. Da muss man aber
einschränkend sagen: Die Alternative zu ihr wären zwei andere Realpolitiker
gewesen …
… Volker Ratzmann und Ramona Pop.
Feistenauer: … da wäre also für die Linke auch nichts zu gewinnen gewesen.
Aber als Renate Künast jetzt zu Besuch bei uns war, hatten wir mit 70
Leuten ein volles Haus - normalerweise sind wir 30, 35. Sie wurde auch mit
Applaus begrüßt. Eine gewisse Begeisterung ist also schon da - nicht
unbedingt für ihre Positionen, aber für die Möglichkeiten, die sie den
Grünen eröffnet. Wenn sie uns an die Regierung bringt, dann können wir auch
mit ihr leben.
Inzwischen haben auch linke Grüne, für die eine Koalition mit der CDU lange
tabu war, kein Problem mehr, über so ein Bündnis zu reden. Die einst klare
Front ist aufgeweicht.
Feistenauer: Bei der Grünen Jugend hält sie noch.
Richter: Egal ob Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz - mit so was kann man bei
uns nicht ankommen.
Feistenauer: Unser Landesverband würde zerbrechen, weil so viele Aktive
keine Lust mehr hätten und wegbleiben würden. Das wäre anders als bei
Schwarz-Grün in Hamburg, wo es zwar auch Widerstand gab, aber mehr auch
nicht.
Wenn sich die Grünen also zwischen Rot-Grün und Grün-Schwarz entscheiden
müssten, wären Sie lieber kleiner Partner der SPD statt Chef in einer
Koalition mit der CDU?
Feistenauer: Auf jeden Fall. In der ganz großen Mehrheit gibt es bei uns
keine Sympathien, mit der CDU zusammenzugehen.
Richter: Die CDU, das ist die dunkle Seite der Macht.
Sie haben doch vorhin so viel Wert auf Wahrhaftigkeit gelegt. Renate Künast
unterstellt Klaus Wowereit Lustlosigkeit und wirft ihm vor, Berlin sei
blockiert. Wäre es noch glaubwürdig, ihm nach der Wahl zu helfen, dass er
im Amt zu bleibt?
Feistenauer: Wenn am Ende mehr Leute die SPD wählen und sie vor den Grünen
liegen sollte, dann ist sie eben die stärkere Partei, dann muss man das in
einer Demokratie akzeptieren. Eine absolute Mehrheit werden wir nicht
bekommen, also brauchen wir noch jemanden und nehmen eben die Partei, mit
der wir die größte Schnittmenge habe. Und das ist die SPD oder vielleicht
die Linke.
Die Linke?
Feistenauer: Ja. Es ist zwar immer nur von der SPD die Rede, vielleicht um
die Wähler nicht zu erschrecken - aber vielleicht haben wir ja mit der
Linken noch mehr gemeinsam. Das hätte noch einen großen Vorteil: Die Linke
ist ja immer noch eine Ostpartei, wo die Grünen weiterhin ein bisschen ein
Problem haben. Zusammen könnten wir Berlin besser abbilden. Von daher würde
ich allen, die mit Grün-Schwarz ankommen, entgegenhalten: Wieso nicht
Grün-Dunkelrot?
18 Nov 2010
## AUTOREN
Stefan Alberti
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