# taz.de -- Datenschutz: Person darf nicht erkennbar sein | |
> Nach taz-Bericht über Micro-Milieus erkennt Hamburgs Datenschützer ein | |
> neues Problemfeld. Schulbehörde will seine Empfehlung abwarten, bevor sie | |
> Daten kauft. | |
Bild: So genau sollen es die Hamburger Behörden gar nicht wissen - und wollen … | |
Über die mögliche Verwendung von Sinus-Milieu-Daten für die Bildungsplanung | |
in Hamburg ist ein Streit entbrannt. Der Sprecher der Hamburger | |
Schulreformgegner "Wir wollen lernen", der Anwalt Walter Scheuerl, hat sich | |
eingeschaltet und den Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar aufgefordert, | |
"gegen den Ankauf dieser Datensätze und deren Nutzung durch die | |
Schulbehörde vorzugehen". | |
Die Hamburger Bildungsbehörde hatte auf taz-Nachfrage eingeräumt, dass im | |
Rahmen des Projektes "Lernen vor Ort" der Kauf von Daten für 941 | |
statistische Gebiete der Stadt Hamburg geplant sei. Der Ankauf von | |
Punkt-Grafiken, die auf den Häuserblock genau darlegen, wo welche Milieus | |
vermutet werden, sei nicht vorgesehen. | |
Bei den Sinus-Milieus wird die Bevölkerung in zehn Gruppen eingeteilt, | |
deren Werte und Lebensumstände sich ähneln. Beispielsweise gibt es am | |
unteren Ende die spaßorientierten "Hedonisten" und am oberen die | |
"Etablierten". Die Dateien für die 941 Gebiete mit je rund 2.000 Menschen | |
sollten für jedes Milieu die prozentuale Wahrscheinlichkeit ausweisen. | |
Der Hamburger Datenschutzbeauftragte will die Sache prüfen. "Es handelt | |
sich nicht um ein Verfahren im Sinne einer Beanstandung", sagt Caspar. "Wir | |
gucken uns das an und schauen, was datenschutzrechtlich relevant ist." Auch | |
habe man die Schulbehörde um eine Stellungnahme gebeten. Wichtig wäre, dass | |
der Datenankauf nicht personenbezogen ist. So dürften die Angaben nicht auf | |
bestimmte Häuser zurückzuführen sein. Auch wäre es problematisch, wenn | |
einzelne Kinder oder Ältere mit den Daten in Verbindung gebracht würden. | |
Der Ankauf von Daten für die 941 statistischen Gebiete sei | |
"datenschutzrechtlich unbedenklich". Man müsse allerdings auf dem Stadtplan | |
prüfen, ob einzelne Häuser erkennbar wären. | |
Elternkammer-Vorsitzende Peter Albrecht findet den Datenankauf | |
"entbehrlich", vor allem im Verhältnis zu dem damit verbundenen Risiko. "Es | |
besteht die Gefahr, dass Menschen in Schubladen geordnet werden." Auch | |
Scheuerl hält die Verwendung der Flächendateien für problematisch. Habe die | |
Stadt die Daten erst mal gekauft, könne jeder Bürger einen Antrag nach dem | |
"Informationsfreiheitsgesetz" stellen und deren Herausgabe fordern. "Aus | |
Tabellen kann man schnell Scheibendiagramme machen." Die könnten in falsche | |
Hände geraten und zu Missverständnissen führen. | |
Schulbehördensprecherin Brigitte Köhnlein verweist darauf, dass die Daten | |
noch nicht bestellt seien. "Es handelt sich nur um Vorüberlegungen. Es gibt | |
noch keinen Auftrag an die Firma Microm." Deshalb sei auch die Frage, wer | |
auf die Daten Zugriff habe, noch nicht zu beantworten. Die Behörde habe | |
ihrerseits den Datenschutzbeauftragten gebeten, zu diesen Überlegungen | |
Stellung zu nehmen und werde sich im Fall einer möglichen Verwendung "nach | |
seinen Hinweisen richten". | |
Caspar will nun sogar Leitlinien für ein "neues Problemfeld" entwickeln, | |
das die taz offen gelegt habe. Firmen könnten mit Hilfe neuer Formen des | |
"sozial- und behavior-targetings" Bürgern auf der Ebene von Micromilieus | |
Profile zuordnen. Caspar: "Derartige Daten lassen sich nicht nur für | |
Kommunikations- und Werbezwecke nutzen, sondern auch auf Verwaltungsebene." | |
Öffentliche Stellen müssten damit sorgsamer sein als private. | |
18 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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