# taz.de -- Bremer Abgeordnete Cakici über die Linkspartei: "Ich hätte längs… | |
> Nach Medienberichten über die Verhaftung ihres Bruders verlässt die | |
> Bremer Bürgerschafts-Abgeordnete Sirvan Cakici die Linkspartei. | |
Bild: Nicht mehr bei der Linken: die Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Sirvan Ca… | |
taz: Frau Cakici, wenige Monate vor Ende der Legislaturperiode kehren Sie | |
der Bremer Linkspartei den Rücken. Weshalb? | |
Sirvan Cakici: Ich hätte schon längst dort austreten müssen. Jetzt war ich | |
mir diesen Schritt schuldig. | |
Am Wochenende machte ein Bremer Anzeigenblatt bekannt, dass Ihr Bruder Ende | |
Oktober vorübergehend in Haft genommen wurde. Hat dies mit Ihrem Rücktritt | |
zu tun? | |
Im selben Atemzug hat man mich auch mit der PKK in Zusammenhang gebracht | |
und gleich noch ein altes Ermittlungsverfahren gegen mich wieder | |
aufgewärmt. Diese Art der Berichterstattung ist Rufmord und ich lasse | |
juristische Schritte prüfen. So etwas bin ich aber von Seiten der Medien | |
gewohnt. Viel schwerer wiegt, dass mir anonyme Anrufer gedroht haben, die | |
Verhaftung meines Bruder zu veröffentlichen, wenn ich mein Mandat nicht | |
niederlege. | |
Das klingt, als ob Sie glauben, dass dahinter Teile Ihrer eigenen Partei | |
stecken? | |
Das würde ich offen lassen. | |
Das klingt nach einem sehr belasteten Verhältnis. Wie würden Sie denn den | |
Umgang zwischen Ihnen und der Partei beschreiben? | |
Zu den Kollegen in der Fraktion habe ich ein vertrauensvolles Verhältnis. | |
Für Teile der Partei gilt das nicht. Von dort aus hat es seit Beginn der | |
Legislaturperiode immer wieder Angriffe gegen mich gegeben. Vor meiner | |
Kandidatur Ende 2006 war ich nicht in der Partei aktiv. | |
Die Verhaftung ihres Bruders, der bei der Staatsanwaltschaft als | |
"Intensivtäter" geführt wird, liegt drei Wochen zurück. Es ging um | |
Verdunklungsgefahr, doch die wurde ausgeräumt, inzwischen ist er wieder auf | |
freiem Fuß. Warum haben Sie dies nicht einfach selbst öffentlich gemacht? | |
Mein Bruder ist mehrfach vorbestraft und ich verurteile das, was er tut, | |
scharf. Das habe ich nie verheimlicht. Als 2007 Ermittlungsverfahren gegen | |
ihn eröffnet wurden, habe ich darüber sofort den Innensenator informiert. | |
Meine Mitgliedschaft in der parlamentarischen Kontrollkommission für | |
Polizei und Geheimdienste habe ich freiwillig niedergelegt. Im | |
Rechtsausschuss habe ich nie aktiv Funktionen wahrgenommen. | |
Gleichwohl leben Sie mit Ihrem Bruder im selben Haus. Wäre es nicht klüger | |
gewesen, hier Distanz zu schaffen? | |
Die Distanz habe ich von Beginn an durch entsprechende Statements | |
hergestellt. Vielleicht wäre es tatsächlich klüger gewesen, auszuziehen. | |
Aber ich will mir nicht vorschreiben lassen, ob ich als Abgeordnete mit | |
meiner Familie zusammen wohnen darf oder nicht. | |
Immerhin mussten Sie deshalb mehrere Hausdurchsuchungen über sich ergehen | |
lassen. Politisch lässt sich so etwas zweifellos instrumentalisieren. | |
Obwohl mein Bruder in einem anderen Stockwerk lebt, wurden auch meine Räume | |
durchsucht. Ein Gericht hat festgestellt, dass dies rechtswidrig war. | |
Noch immer ermittelt die Staatsanwaltschaft aber auch gegen Sie, weil eine | |
Frau aus Hannover Ihnen vorwarf, sie bedroht zu haben. | |
Die Frau hat diesen Vorwurf zurückgezogen. In den nächsten Tagen ist mit | |
einer Entscheidung zu rechnen. | |
Seit langem sind Sie Anwürfen ausgesetzt, sie stünden der PKK nahe. Was | |
sagen Sie dazu? | |
Ich habe nichts mit der PKK zu tun. Dafür lasse ich mich nicht | |
instrumentalisieren. Ich sehe mich als Deutsche, als Türkin und als Kurdin. | |
Die einzigen Organisationen, in denen ich Mitglied bin, sind der Verband | |
türkischstämmiger Mandatsträger, die türkische Gemeinde in Deutschland und | |
die türkisch-deutsche Plattform. | |
Sie sind Wirtschaftsassistentin, haben kürzlich ein Studium aufgenommen. | |
Was wollen Sie künftig tun? | |
Ich werde als fraktionslose Abgeordnete in der Bürgerschaft bleiben. Was | |
die Zukunft bringt, wird man sehen. Auf jeden Fall will ich mich weiter | |
politisch und sozial engagieren. Die Bürgerschaftswahl 2011 ist aber | |
definitiv kein Thema für mich. | |
22 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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