# taz.de -- Steuergeschenk für Junge Union: Reise ins linksextreme Berlin | |
> Die Junge Union Köln fährt nach Berlin, besichtigt besetzte Häuser und | |
> geht in Clubs. Finanziert wird alles vom Programm gegen Linksextremismus | |
> des Familienministeriums. | |
Bild: Steht auch auf dem Programm der Jungen Union Berlin: Der Besuch eines bes… | |
BERLIN taz | Die von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) | |
erstmals aufgelegten Präventionsprogramme gegen Islamismus und | |
Linksextremismus sind seit Monaten umstritten. Nun werden neue zweifelhafte | |
Details bekannt: Ausgerechnet eine Fahrt der Jungen Union (JU) Köln nach | |
Berlin soll als eine der ersten Maßnahmen aus dem Topf zur Verhinderung des | |
Linksextremismus gefördert werden. | |
Die Nachwuchskonservativen wollen Sehenswürdigkeiten wie den Checkpoint | |
Charlie besuchen, die Gedenkstätte Berliner Mauer, die Glienicker Brücke, | |
mit einem CDU-Bundestagsabgeordneten sprechen – und am Abend einen | |
"gemeinsamen Ausflug in des Berliner Nachtleben" unternehmen, wie es auf | |
der [1][Homepage der JU Köln] heißt. Das Oberthema der Berlinfahrt sei | |
"Linksextremismus". Dazu soll dann wohl auch der geplante Abstecher zu | |
einem besetzten Haus passen. | |
Wie aus einem Schreiben aus Schröders Ministerium an den | |
Bundestagsfamilienausschuss hervorgeht, haben insgesamt 24 Träger Geld aus | |
dem Topf der "Initiative Demokratie stärken" beantragt, darunter die Junge | |
Union. | |
Die JU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin sagt auf Nachfrage, dass insgesamt | |
drei Fahrten vom Familienministerium bereits bewilligt worden seien, | |
darunter die der Kölner. Das Motto: "Wir fahren nach Berlin - gegen | |
Linksextremismus." Über eine konkrete Summe wollte JU-Bundesgeschäftsführer | |
Alexander Humbert keine Angabe machen. | |
Die Opposition ist empört. Hier würden auf Staatskosten "Vergnügungsreisen | |
der Jungen Union finanziert", warf der SPD-Bundestagsabgeordnete Rolf | |
Schwanitz Ministerin Schröder vor. "Wenn so Ihre Extremismusprävention | |
aussieht, dann sollten sie aufhören." Der Grünen-Bundestagsabgeordnete | |
Sven-Christian Kindler spricht von "dreister Klientelpflege" - | |
Familienministerin Schröder ist selbst Mitglied der Jungen Union. Kindler | |
findet: Der Rechnungshof sollte den Fall nun prüfen. | |
JU-Bundesgeschäftsführer Humbert kann in der Angelegenheit keinen Skandal | |
wittern. Die Kritik sei "ein Witz". Auch den mit der Reise verbundenen | |
"Ausflug in das Berliner Nachtleben" verteidigt er. Wenn man junge Leute | |
für solche Fahrten gewinnen wolle, müsse man ihnen auch ein Abendangebot | |
machen. Dieses werde aber nicht aus Steuergeldern finanziert, versichert | |
Humbert: "Sein Bier muss jeder selber bezahlen." | |
Die Opposition im Bundestag wird das kaum beruhigen. [2][Sie kritisiert | |
seit Monaten, dass Schröder kein wissenschaftlich fundiertes Konzept zur | |
Prävention von Linksextremismus vorlegen könne] – und fühlt sich nun wieder | |
bestätigt. Von "pseudowissenschaftlichen Extremismusverwirrungen" spricht | |
der Grünen-Abgeordnete Kindler. | |
Wie vermeintliche Bildungsreisen daneben gehen können, hat die Junge Union | |
Duisburg vor wenigen Wochen demonstriert. Anstatt bei ihrem Ausflug nach | |
Berlin wie geplant das Holocaustmahnmal zu besuchen, [3][konzentrierten | |
sich die Reisenden auf Saufgelage]. Aber wenigstens bezahlte damals nicht | |
das Familienministerium. | |
27 Nov 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://www.junge-union-koeln.de/20101117295/oben/berlin-wir-fahren-nach-ber… | |
[2] /1/politik/deutschland/artikel/1/schroeders-extremer-ansatz/ | |
[3] /1/politik/deutschland/artikel/1/saufen-statt-bildung/ | |
## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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