# taz.de -- Rohstoffe im Meeresboden: Regeln fürs Buddeln | |
> Die Industriekonzerne wollen im Meeresboden nach Rohstoffen graben und | |
> drängen auf eine Erlaubnis. Der UN-Seegerichtshof in Hamburg versucht | |
> jetzt, den Abbau zu regulieren. | |
Bild: Die heutigen Bohrinseln sollen nur Vorreiter eines viel größeren Abbaus… | |
HAMBURG taz | Die Industrierohstoffe der Zukunft liegen im Meer. | |
Völkerrechtlich sind sie das "gemeinsame Erbe der Menschheit". Doch längst | |
streiten Staaten und Konzerne um die billionenschwere Erbschaft. Ein Fall | |
für den Bundestag in Berlin und für den UN-Seegerichtshof in Hamburg. | |
Seit zwei Jahren ragt unter dem Nordpol in vier Kilometern Tiefe eine | |
metallene russische Flagge aus dem Meeresboden. Russland will damit seinen | |
Anspruch auf einen Großteil der Arktis und dessen Rohstoffe signalisieren. | |
Ansprüche erheben ebenfalls Norwegen, Kanada und die USA. Auch Deutschland | |
beteiligt sich an der politischen Auseinandersetzung. | |
Aber die Arktis bildet nur die Spitze des Eisberges. Es geht auch weltweit | |
um die Förderung von Erdöl und Erdgas aus der Tiefsee. Bislang stammt erst | |
ein Viertel der Ölförderung aus dem Meer. Doch wie im Golf von Mexiko, wo | |
im April die Ölbohrplattform "Deepwater Horizon" unterging, wird bislang | |
meist noch in Küstenregionen gefördert. Der Trend zielt jedoch immer weiter | |
hinaus auf die hohe See. | |
In deren Tiefen warten noch andere Schätze. Geologen rechnen damit, dass | |
über 10.000 Gigatonnen Methanhydrat als eisartige Brocken im Atlantik und | |
Indischen Ozean lagern. Abgebaut könnten sie doppelt so viel Energie | |
ergeben wie alle heute verfügbaren Lagerstätten von Kohle, Öl und Gas | |
zusammen. | |
Im Pazifik ruhen tief am Meeresgrund derweil noch Manganknollen. Sie | |
enthalten neben Mangan- und Eisenverbindungen wertvolle Industriemetalle | |
wie Kupfer, Nickel und Kobalt. Die Bundesrepublik hat wie andere | |
Industriestaaten vor Hawaii einen riesigen Claim abgesteckt, größer als die | |
Landfläche Bayerns. | |
"Um Rohstoffe am Meeresboden zu fördern, werden unverantwortbare und nur | |
schwer zu beherrschende Risiken eingegangen", warnt die grüne | |
Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms. In einem Antrag der Grünenfraktion | |
wird die Bundesregierung aufgefordert, umfassende Haftungsregelungen zu | |
schaffen und Bohrungen nur in Flachwassern zu gestatten, in die | |
Rettungstaucher vordringen können. | |
Doch die Schatztruhe "Meer" weckt auch in anderen Staaten und vielen | |
Konzernen Begehrlichkeiten. Um solche Begehrlichkeiten kümmert sich der | |
UN-Seegerichtshof in Hamburg. Seine Internationale Kammer für | |
Meeresbodenstreitigkeiten veranstaltete eine erste Anhörung. Bei diesem | |
globalen Grundsatzverfahren geht es um die Frage, wer in welchem Umfang | |
haftet, wenn Firmen Schäden durch ihren Tiefseebergbau verursachen. | |
Die hohe See und die in ihr ruhenden Ressourcen gelten seit dem 1994 | |
geschlossenen Seerechtsübereinkommen völkerrechtlich als "gemeinsames Erbe | |
der Menschheit". Bislang sind 148 Staaten dem Abkommen beigetreten. Für sie | |
kann das Seegericht verbindliches Recht sprechen. Nicht aber für die | |
Vereinigten Staaten, die dem Vertrag nicht beigetreten sind. | |
An dem Hamburger Verfahren beteiligen sich neben Deutschland auch | |
Frankreich und China, die ebenfalls über Konzessionsgebiete im Pazifik | |
verfügen. Der Pazifikstaat Nauru erhofft sich durch einen Spruch der | |
Seekammer Rechtssicherheit. Vor der Küste von Nauru will ein ausländischer | |
Bergbaukonzern in 5.000 Metern Wassertiefe Manganknollen ernten. Im | |
Frühjahr will das Gericht entscheiden. Das Urteil werde ein "Wegweiser" für | |
den Tiefseebergbau, heißt es in UN-Kreisen. | |
29 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Hermannus Pfeiffer | |
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