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# taz.de -- Computerspiel "Homefront": "Die rote Flut" als Ego-Shooter
> In den USA wird derzeit mit "Homefront" ein Spiel für die ganz private
> Angst vor Nordkorea programmiert. Kritik an dem Shooter gibt es bislang
> nicht.
Bild: Stumpf ist Trumpf: "Homefront".
Schlagend und schreiend zerren die Besatzer Menschen aus ihren Häusern.
Bewaffnete Männer stoßen Frauen und Kinder in gelbe Schulbusse, die zu
Gefangenentransportern umgebaut wurden.
Mit einer Deportationsszene wirft das Computerspiel "Homefront" den Helden
in die Handlung, wird ihn werfen, denn es soll erst im Frühjahr nächsten
Jahres erscheinen. Das Besondere daran: Die Besatzer sind Nordkoreaner, die
Unterdrückten US-Amerikaner. Ja genau, Nordkorea ist 2027 in die
Vereinigten Staaten eingefallen.
Das absurde Schreckensszenario passt zur von amerikanischen Konservativen
geschürten Kommunistenangst wie die Faust aufs Auge, im Hintergrund dräut
aktuell ja auch noch ein Koreakrieg.
Klar, die Story ist ein Witz. Kein neuer übrigens: John Milius -
verantwortlich für die Handlung - hat schon Regie bei "Die rote Flut"
geführt, ein Film, in dem eine Bande Teenager - angeführt von Patrick
Swayze - gegen eine Invasion von Sowjets und Kubanern kämpft.
Aufgezogen ist das Ganze als Ego-Shooter, heißt also: Ich-Perspektive,
Knarre in der Hand - und dann geht's los, den Kommi metzeln, bis Amerika
wieder frei ist. Durch emotional aufgeladene Szenen - weinende Frau mit
Kind fürchtet sich vorm Koreaner - weiß der Spieler auch immer, warum er
schießt.
Muss man alles nicht schlimm finden, die Frage ist nur - findet man es
überhaupt irgendwie? In den einschlägigen Spielezeitschriften geht es
nämlich zumeist um die technischen Aspekte des Spiels, die Grafik zum
Beispiel oder darum, dass die Strory unverbraucht sei. Nun ja, klar, die
meisten Shooter spielen im Zweiten Weltkrieg, da ist man schon froh über
jede Abwechslung. Politische Einordnung, liegt sie auch noch so nahe, wird
um jeden Preis vermieden.
Auf der anderen Seite reagieren die klassischen Medien gerne hysterisch,
wenn Spiele erscheinen, in denen man Terrorist spielen kann, wie erst
kürzlich beim Titel "Medal of Honor". Begleitet von der Angstschiene: Wer
spielt, läuft Amok.
Was fehlt ist eine ernsthafte feuilletonistische Auseinandersetzung mit dem
Sujet, wie sie beispielsweise auch Musik oder Büchern zugestanden wird. Man
stelle sich vor, da kommt ein neuer Krimi auf den Markt und alle Zeitungen
schrien auf: Grausam, da stirbt jemand! Denkt denn keiner an die Kinder?
Die Spieleindustrie wächst, ihr Medium ist heute teilweise bedeutsamer als
Film, Buch oder Musik. Dem sollte journalistisch endlich angemessen
Rechnung getragen werden. "Homefront" wäre ein guter Anfang, bis zum
Erscheinen ist ja noch ein bisschen Zeit.
30 Nov 2010
## AUTOREN
Daniel Schulz
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