# taz.de -- HIV-Prävention: Berliner Senat will Aids-Hilfe neu strukturieren | |
> Zum Weltaidstag stellt die Senatorin ihr Fünfjahreskonzept vor: Mehr Geld | |
> gibt es nicht, dafür werden andere Schwerpunkte gesetzt. | |
Bild: Trauermarsch zum Welt-Aids-Tag am Dienstag in Berlin | |
Wenn das Geld nicht mehr wird, muss es eben anders verteilt werden, und | |
schon steht ein neues Konzept: Zum Weltaidstag am Mittwoch verkündete die | |
Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) ihr | |
Entwicklungsprogramm zur Aidsprävention für die nächsten fünf Jahre. | |
Demnach sollen sowohl die Aufklärung bei den Risikogruppen als auch die | |
Betreuung der bereits Erkrankten verbessert werden. Es müssten Antworten | |
auf die " ,Normalisierung' von Aids" gefunden werden, erklärte Lompscher. | |
In ihrem Auftrag hatte der Aidsexperte Rolf Rosenbrock den Strategieplan | |
entwickelt. | |
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Anzahl der jährlichen | |
HIV-Neuinfektionen mehr als verdoppelt. Vor allem Männer, die Sex mit | |
Männern haben, sind betroffen. "Wir können die Zahl der Neuinfektionen | |
nicht eliminieren", sagte Rosenbrock. "Aber wir könnten sie um etwa ein | |
Viertel senken, wenn wir bei der Präventionsarbeit erfolgreicher sind." Der | |
Experte empfiehlt mehr Aufklärung in Schulen, sexuelle Gesundheit als Thema | |
in Integrationskursen, verstärkte Prävention in Schwulenbars und an Orten | |
mit sexuellen Begegnungen. In drei Zentren des schwulen Geschehens - in | |
Schöneberg, Prenzlauer Berg und Friedrichshain-Kreuzberg - könnten die | |
Aktivitäten gebündelt werden. Für die Arbeit mit MigrantInnen sollten mehr | |
"Kulturmittler" eingesetzt werden. | |
"Das sind alles gute, aber auch sehr teure Ideen", sagt Rolf de Witt von | |
der Präventionsinitiative Mancheck. "Wenn wir für die Primärprävention mehr | |
Geld bekommen, dann müsste das ja bei anderen Projekten abgezogen werden. | |
Und da ist doch keines vernünftig ausgestattet." | |
Tatsächlich will Rosenbrock Einsparpotenziale bei der Betreuung von | |
Erkrankten erkannt haben. Das stößt auf Kritik: "Die chronische Krankheit, | |
die Aids inzwischen ist, erfordert eine viel intensivere Betreuung", sagt | |
Rainer Schilling von der Berliner Aidshilfe. Die Betroffenen leben dank | |
medizinischer Fortschritte wesentlich länger als noch vor 20 Jahren, sind | |
viel stärker mit sozialen, psychischen und beruflichen Problemen | |
konfrontiert. | |
Experte Rosenbrock schlägt vor, acht Arbeitsgruppen zu bilden, die | |
Doppelstrukturen, bürokratische Hürden und Versorgungslücken unter die Lupe | |
nehmen. Außerdem sollten alle Träger und Vereine mehr gut ausgebildete | |
Ehrenamtliche einbinden. Das ist gar nicht so einfach, sagt Schilling. | |
"Denn in der Szene gelten die Aufklärer inzwischen häufig als | |
Spielverderber." | |
Die Gesundheitsverwaltung gibt für die HIV- und Aids-Prävention jährlich | |
2,1 Millionen Euro aus, viel mehr sollen es auch in den nächsten fünf | |
Jahren nicht werden. Für die Umsetzung des Präventionsprojekts plant der | |
Senat in den kommenden zwei Jahren je 50.000 Euro ein. | |
2 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
K. Pezzei | |
M. Heim | |
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