# taz.de -- Ursprünge von HIV: Das Dorf, in dem Aids ausbrach | |
> Vor 28 Jahren starben in einem kleinen Fischerort in Uganda Dutzende | |
> Menschen an einer seltsamen Krankheit. Hexerei, sagten die Bewohner. HIV, | |
> fanden Wissenschaftler heraus. | |
Bild: Die Fischer am Strand von Kasensero machen heute Witze über Aids. | |
Der Vater verbrannte die Möbel, die Kleidung, das Haus seines Sohnes. Er | |
ließ die Maisfelder, die Rinder und die Ziegen zurück und zog mit seiner | |
Familie in die Stadt. Die Abmagerungskrankheit, an der sein Sohn starb, | |
hielt er für Hexerei. Es muss ein Fluch über Kasensero liegen, dem | |
Fischerdorf am Victoria-See, dachte der Vater. | |
In diesem kleinen Ort in Uganda litten 1982 Dutzende Menschen an der | |
seltsamen neuen Krankheit. Sie magerten bis auf die Knochen ab, bevor sie | |
starben. Dass es sich bei den Toten von Kasensero um die Opfer der | |
beginnenden Aids-Epidemie handelte, fanden Forscher wenige Jahre später in | |
französischen und amerikanischen Laboren heraus. | |
Das HIV-Virus breitete sich von Kasensero im ugandischen Bezirk Rakai | |
schnell in die Nachbarländer aus. Die Fischer und Händler trugen es über | |
die Grenzen. Auch der Vater musste in der Stadt feststellen, dass der Fluch | |
nicht nur auf Kasensero lag. Nach dem ersten Sohn starben zwei weitere – | |
und eine Tochter. | |
28 Jahre später sind in Uganda nach Schätzungen der Organisation Unaids | |
mehr als eine Million Menschen mit HIV infiziert. Weniger als die Hälfte | |
der Bedürftigen hat Zugang zu antiretroviralen Medikamenten, die die | |
Viruslast im Blut niedrig halten, um einen Ausbruch von Aids zu verhindern. | |
Diese Karte zeigt unter anderem, wie viele Menschen in Uganda und anderen | |
Ländern Afrikas Zugang zu antiretroviralen Medikamenten haben. Über die | |
Seitenleiste lassen sich aber auch zahlreiche andere Informationen aus dem | |
Welt-Aids-Report anzeigen. | |
Seit der Entdeckung von HIV hat sich der Bezirk Rakai zu einer Pilgerstätte | |
für Virologen entwickelt. US-Forscher der renommierten | |
Johns-Hopkins-Universität kommen seit zwanzig Jahren regelmäßig aus | |
Baltimore eingeflogen, um Langzeitstudien an 14.000 Einwohnern des Bezirks | |
zu unternehmen. In Studien stellten die Wissenschaftler außerdem fest: | |
Beschneidungen können das Risiko der HIV-Infektion senken. Die ersten | |
Therapie-Versuche mit antiretroviralen Arzneistoffen, die den Aids-Ausbruch | |
verzögern, fanden 1996 in Rakai statt. | |
Nachdem Präsident Yoweri Museveni, der Mitte der Achtziger nach jahrelangem | |
Bürgerkrieg die Macht ergriffen hatte, die Epidemie zur nationalen Gefahr | |
erklärte, entwickelte sich Uganda zu einem Musterland der HIV-Bekämpfung. | |
Die Ansteckungsraten fielen. | |
Heute allerdings steht dieser Erfolg auf dem Spiel. Die Finanzierung der | |
kostenlosen Medikamente scheint gefährdet. Warum das so ist, wie Forscher | |
die Lage beurteilen und wie die Menschen heute in Kasensero mit dem Virus | |
leben, erzählt „Der Fluch von Kasensero“, die Ganze Geschichte in der | |
aktuellen SONNTAZ. | |
Darin lesen Sie außerdem: Ein sonntaz-Gespräch mit der ehemaligen | |
No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa, die vor Gericht als HIV-positiv geoutet | |
wurde, und jetzt mit Rio-Reiser-Liedern neu starten will. | |
27 Nov 2010 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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