# taz.de -- Klimakonferenz in Cancún: Im Prinzip einig | |
> Bei keinem Thema sind die Teilnehmer so nahe beisammen wie beim Schutz | |
> des Waldes. Doch ob es ein Abkommen geben wird, ist noch nicht | |
> ausgemacht. | |
Bild: Mediale Aufmerksamkeit für den Klimawandel gibt es, nun müssen die Vera… | |
CANCÚN taz | Alle Staaten sind sich darin einig und wollen die weltweite | |
Entwaldung stoppen. So verkündete es Christiana Figueres, die Chefin des | |
UN-Klimasekretariats, am Wochenende beim Klimagipfel in Cancún. | |
Wie der Wald gerettet werden soll, sei ebenfalls schon ausgemacht: Dem im | |
Holz gespeicherten Kohlenstoff soll ein ökonomischer Wert gegeben werden. | |
Wald roden wäre dann in etwa dasselbe wie Geldscheine verbrennen. REDD | |
heißt dieser Mechanismus: "Reducing Emissions from Deforestation and | |
Degradation". Bereits 2007 hatten auf der Klimakonferenz auf Bali die | |
REDD-Verhandlungen begonnen. | |
Nimmt man die Brandrodungen in Asien, Afrika und Amerika zusammen, dann | |
verschwindet pro Jahr eine Fläche Wald, dreimal so groß wie Ungarn. Die | |
Brandrodung ist damit nach der Energiewirtschaft die zweitgrößte | |
Treibhausgasquelle überhaupt: Über 2 Milliarden Tonnen Kohlendioxid werden | |
jährlich dabei frei. Glaubt man Christiana Figueres, dann hat die | |
Klimakonferenz in Cancún nun mit REDD ein Vertragswerk gefunden. | |
Indem man dem Wald bzw. dem in ihm enthaltenen Kohlenstoff einen | |
wirtschaftlichen Wert zuordnet, wird seine Erhaltung Teil wirtschaftlicher | |
Entscheidungen. Staaten sollen Geld dafür bekommen, ihren Wald zu erhalten. | |
Wer das zahlen soll, ist noch nicht klar: entweder der Staat oder der | |
Markt. | |
Ersteres ist die Fondslösung, die es bereits im Modell des | |
UN-Entwicklungsprogramms UNDP gibt. Länder wie Norwegen, Japan, Frankreich | |
und die USA wollen bis 2012 rund 4 Milliarden US-Dollar einzahlen. Beworben | |
um dieses Geld hat sich beispielsweise Costa Rica, das per Gesetz 26 | |
Prozent seiner Landfläche zu geschützten Gebieten erklärte. Mit den Geldern | |
aus dem Fonds kann das Land seine Forstverwaltungen unterstützen. | |
"Diese staatlichen Autoritäten organisieren damit dann die Überwachung des | |
Waldes und seine Bewirtschaftung. Das kann so weit gehen, dass Menschen, | |
die vom Waldroden leben, neue Jobs verschafft werden", erklärt Reimund | |
Schwarze, der für den Thinktank Climate Service Center die Verhandlungen in | |
Cancún verfolgt. | |
Die zweite Möglichkeit, Geld für die Walderhaltung aufzubringen, ist eine | |
marktbasierte Lösung und funktioniert über den Zertifikatehandel. Es lässt | |
sich mittlerweile berechnen, wie viel Kohlenstoff in bestimmten Waldtypen | |
gespeichert ist - und wie viel Kohlendioxid beim Verbrennen freigesetzt | |
wird. Daraus lassen sich Verschmutzungsrechte generieren, wie sie im | |
europäischen Zertifikatehandel vorkommen. | |
Ungelöst in diesem Modell ist allerdings die Frage, was passiert, wenn der | |
zertifizierte Wald zehn Jahre später trotzdem abgebrannt wird. Außerdem | |
besteht die Gefahr, dass der Emissionshandel mit Waldzertifikaten | |
überschwemmt wird - und so die Preise in den Keller fallen. | |
"Das lässt sich beides lösen", sagt Schwarze. Die EU könnte etwa den | |
eigenen Emissionshandel mit Waldzertifikaten limitieren, etwa indem sie | |
lediglich ein Handelsvolumen von 10 Prozent Waldzertifikaten zulässt. Und | |
der Käufer der Zertifikate müsste dafür haften, dass der Wald tatsächlich | |
stehen bleibt. | |
Außer bei der Finanzierung herrscht auch über die Frage der Nutzung des | |
geschützten Waldes noch nicht endgültig Einigkeit bei den | |
Verhandlungspartnern in Cancún. Das ursprüngliche REDD-Modell sieht vor, | |
den Wald ganz unberührt zu lassen. Ein anderer Vorschlag, REDD-plus, | |
akzeptiert, dass der Wald bewirtschaftet wird. "Das kann so weit gehen, | |
dass Köhler weiterhin aus Holz Holzkohle produzieren", sagt Schwarze. Sie | |
müssten dies dann allerdings nachhaltig tun, also nur so viel Holz aus dem | |
Wald holen, wie nachwachsen kann. "Wir haben uns jetzt auf REDD-plus | |
verständigt", sagt Carsten Sach, der Chefunterhändler Deutschlands. | |
"Vom Prinzip her gibt es beim Waldschutz eine Einigkeit wie lange nicht | |
mehr", sagt Sach. Dass es aber - wie von der UN-Klimachefin verkündet - zu | |
einem Beschluss kommen wird, da ist er sich längst nicht sicher: "Einige | |
Staaten werden ihre Zustimmung zu REDD vom Gesamtpaket abhängig machen." | |
Will heißen: Ist ein Staat beispielsweise partout nicht mit den | |
Finanzbeschlüssen einverstanden, wird er auch REDD seine Zustimmung | |
verweigern, obwohl er eigentlich dafür ist. | |
Diese Gefahr sieht auch Christiana Figueres. "Klar ist, dass jeder | |
Zugeständnisse machen muss", sagte sie. | |
5 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Interview zu Klimapolitik: "Streicht die Ölsubventionen!" | |
Der Kampf gegen den Klimawandel kommt nicht voran. Für Adnan Amin, Chef der | |
Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien, liegen die Gründe im | |
politischen System. | |
Kampf gegen den Klimawandel: Brasilien ist Klassenbester | |
Auch die Vorreiter in Sachen Klimaschutz tun nicht genug gegen den | |
Klimawandel. Das zeigt eine neue Studie. Doch seit Kopenhagen hat sich viel | |
getan. | |
Konferenz der "Klimarealisten": Klimaskeptiker unter sich | |
Menschengemachte Erderwärmung? Quatsch! Die größte Gefahr sei die | |
Deindustrialisierung Deutschlands, heißt es auf einer Klimakonferenz in | |
Berlin. | |
Bedrohte Regenwälder in Afrika: Der Wald als Riesengeschäft | |
Im Kongobecken versuchen Naturschützer und Entwicklungshelfer, den letzten | |
Rest intakten Regenwalds zu schützen. Das Ökosystem ist vor allem durch die | |
Jagd gefährdet. | |
Klima-Gipfel in Cancún: Zwischen Drogenkrieg und Terror | |
Bewaffnete Patroullien, Sicherheitschecks, abgeriegelte Konferenzgebäude: | |
Der UN-Klimagipfel in Cancun ist der bestbewachte der Geschichte - zu | |
Recht. | |
Klimakonfernz in Cancún: 2010 ist drittwärmstes Jahr | |
Dieses Jahr ist eines der heißesten seit dem Beginn der Wetteraufzeichnung. | |
Aber auch besonders viele Unwetterkatastrophen wurden registriert. |