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# taz.de -- Kommentar Pisa: Schönes neues Zentralabitur
> Es gäbe ein ganzes Paket von akut notwendigen Maßnahmen: Der Bund müsste
> gezielt in Ghettoschulen investieren - und mehr für Sprachförderung tun.
> Doch das wird blockiert.
Klar lässt sich darüber reden. Über eine Reform des Abiturs diskutieren
Akademiker gern mit Inbrunst. Wie viel Wahlfreiheit solls da geben? Und ist
es gerecht, dass man in Hamburg für ein Mathe-Abi 14 Punkte absahnt, für
das man in den Südstaaten bestenfalls 9 Punkte bekäme?
Solche Fragen lassen das Bildungsbürgertum vor Freude quieken, weil es da
um die eigenen Kinder geht. Schmuddelkindern aus migrantischen oder
Hartz-IV-Familien bringen solche Debatten rein gar nichts. Denn mit einem
Zentralabitur kann man Bildungsarmut nicht bekämpfen.
Es gäbe ein ganzes Paket von Maßnahmen, um die Produktion von
Risikoschülern zu bremsen. Der Bund müsste gezielt in Ghettoschulen
investieren. Nach dem Vorbild des sehr erfolgreichen
Sinus-Mathematik-Projekts sollte er koordinierte Sprachprogramme wie FörMig
(Förderunterricht für Migranten) auflegen. Allein solche Ideen werden
blockiert. Und zwar von Ludwig Spaenle, der die Konferenz der
Kultusminister leitet.
Spaenle holzt alles kurz und klein, was benachteiligten Schülern hilft.
Überall, wo der Bund etwas für sie tun könnte, sagt der bayerische Gromyko
Njet. Er stemmt sich dagegen, das Pisa-Problem an der Wurzel zu packen. Und
nun verkauft er die Uralt-Idee eines Zentralabiturs als Antwort darauf.
Schon vor über hundert Jahren stritt sich die Nation darüber, ob nur das
humanistische Gymnasium oder auch Oberrealschulen und Realgymnasien das
Abitur vergeben dürften. Das halbe Land bebte, der Kaiser mischte sich ein.
Damals ging es nur darum, ob 1 Prozent eines Jahrgangs das Abi bekommen
oder 3 Prozent.
Heute sind wir ein bisschen weiter und wir reden nicht mehr über 3, sondern
über 40 Prozent der Schüler. Und deren Anwalt ist kein Preuße mit
Zwirbelbart mehr, sondern ein Münchener Lokalpolitiker, der zufällig
Präsident der Kultusministerkonferenz ist. Die Benachteiligung von
Zuwanderern und Kindern aus benachteiligten Schichten ist ihm offenbar
egal.
9 Dec 2010
## AUTOREN
Christian Füller
## TAGS
Abitur
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