| # taz.de -- Prozess im Fall Kachelmann: Ein Anwalt provoziert alle | |
| > Jörg Kachelmanns neuer Verteidiger Schwenn greift weiter an. Nicht nur | |
| > das Gericht, auch einige Medien geraten in das Visier. Das Gericht ist | |
| > schon ganz verunsichert. | |
| Bild: Seit einiger Zeit am Steuer der Kachelmann-Verteidigung: Johann Schwenn. | |
| MANNHEIM taz | Johann Schwenn setzt weiter auf Angriff. Der neue Anwalt von | |
| Wettermoderator Jörg Kachelmann präzisierte am Montag seine Vorwürfe gegen | |
| Medien, Staatsanwaltschaft und die Sachverständige Luise Greuel - | |
| vermutlich ein Versuch, durch Provokationen die anderen Prozessbeteiligten | |
| zu Fehlern zu reizen. | |
| Dabei: Angeklagt ist eigentlich Jörg Kachelmann. Er soll im Februar seine | |
| langjährige Geliebte Sabine W. (Name geändert) vergewaltigt haben, nachdem | |
| diese sich von ihm trennen wollte. Die Verteidigung spricht jedoch von | |
| einer falschen Beschuldigung. | |
| Ende November übernahm der Hamburger Promianwalt Johann Schwenn Kachelmanns | |
| Verteidigung. Sein bisheriger Anwalt Reinhard Birkenstock legte das Mandat | |
| nieder, wohl weil er nicht mit dem Selbstdarsteller Schwenn | |
| zusammenarbeiten wollte. | |
| Während Birkenstock viele Gutachten in Auftrag gegeben hatte, setzt Schwenn | |
| auf eine Mischung scharfer Rechtskenntnis, eitler Eloquenz und geradezu | |
| unverschämter Konfrontation. So beantragte er vorige Woche, unter anderem | |
| die Redaktionsräume der Bunten zu durchsuchen. | |
| Das Burda-Blatt, das Exklusivverträge mit mehreren Exfreundinnen | |
| Kachelmanns schloss, habe eine "Anstiftung zur uneidlichen Falschaussage" | |
| begangen, konkretisierte Schwenn den Vorwurf, denn die Exgeliebten hätten | |
| gezielt negative Aussagen machen sollen. Über den Durchsuchungsantrag ist | |
| noch nicht entschieden. | |
| Die Staatsanwaltschaft griff Schwenn nun wegen "Strafvereitelung im Amt" | |
| an, weil sie nicht gegen Burda ermittle. Vorige Woche hatte er bereits | |
| erklärt, die Staatsanwälte seien "verdächtiger" als sein Mandant. | |
| Oberstaatsanwalt Oskar Gattner hatte daraufhin zurückgekeilt: "Sie können | |
| hier nicht von Ihrem Recht auf Narrenfreiheit Gebrauch machen". | |
| Auch die Vorwürfe gegen die Sachverständige Luise Greuel präzisierte | |
| Schwenn zu Beginn des Prozesstages. Die Bremer Psychologieprofessorin sei | |
| die "Gehilfin einer einseitig operierenden Staatsanwaltschaft" und habe im | |
| Rahmen ihres Gutachtens "Laiendiagnosen" über Kachelmann abgegeben. Weil | |
| sie 1992 in ihrer Dissertation "radikal-feministische" US-Autorinnen | |
| zitierte, warf ihr Schwenn vor, sie sei für "pseudowissenschaftliche | |
| Irrlehren" zugänglich. | |
| Bereits im Dezember stellte Schwenn völlig überraschend einen | |
| Befangenheitsantrag gegen Greuel, obwohl diese eigentlich die | |
| Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin Sabine W. infrage gestellt hatte. Deren | |
| Aussage erfülle nicht die Mindestanforderungen an Logik, Detaillierung und | |
| Konstanz, heißt es in Greuels Gutachten. | |
| Schwenn geht es offensichtlich darum, alle Prozessbeteiligten nachhaltig zu | |
| verunsichern. Der Vorsitzende Richter Michael Seidling ist längst schon | |
| nicht mehr zu einer souveränen Verhandlungsführung in der Lage. Schwenn | |
| hofft vermutlich auf krasse Schnitzer des Gerichts, das bisher eher gegen | |
| Kachelmann eingestellt war. Jeder Fehler des Mannheimer Landgerichts erhöht | |
| dann die Chancen Kachelmanns in einer Revision beim Bundesgerichtshof. | |
| 13 Dec 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |