# taz.de -- Beschränktes Kiffen in Holland: Keine Joints für Touris | |
> Der Europäische Gerichtshof billigt die Zugangssperren für Coffeeshops. | |
> Nur noch registrierte Bürger mit einem speziellen Pass dürften dann legal | |
> Drogen erwerben. | |
Bild: In den Niederlanden werden Genuss und Verkauf weicher Drogen seit den 197… | |
Ausländische Liebhaber eines gediegenen Spliffs in einem niederländischen | |
Coffeeshop sollten sich beeilen: Dortige Kommunen dürfen nach einer | |
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg ein Passsystem | |
einführen, das den Zugang zu Coffeeshops reguliert. Dieser "Wietpas" soll | |
nur für offiziell in den Niederlanden registrierte Bürger erhältlich sein. | |
Dafür reicht ein fester Wohnsitz und die Anmeldung bei den kommunalen | |
Behörden. | |
Die konservative Koalition aus Rechtsliberalen und Christdemokraten unter | |
Duldung der rechtspopulistischen Freiheitspartei will diese Regelung | |
landesweit einführen. Der die Regierung beratende Staatsrat hatte den Fall | |
dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. | |
Hintergrund ist ein Rechtsstreit in der Grenzstadt Maastricht: | |
Coffeeshopbetreiber wehren sich dort seit Jahren gegen eine von der Kommune | |
verhängte Zugangsbeschränkung und verweisen auf den freien Güterverkehr | |
innerhalb der EU und auf das Gebot der Gleichbehandlung von Bürgern der | |
Union. 2008 gab ein Gericht in Maastricht ihnen recht. | |
Der Europäische Gerichtshof räumt diese Reibungspunkte ein, stellt die | |
öffentliche Ordnung aber über die Freiheit von ausländischen Besuchern, in | |
Coffeeshops Cannabisprodukte kaufen oder konsumieren zu können. Zudem wird | |
das Urteil damit begründet, dass die fraglichen Güter eben nicht legal | |
seien. In den Niederlanden werden Genuss und Verkauf weicher Drogen seit | |
den 1970er Jahren "geduldet". | |
Seit langem klagen Einwohner grenznaher Städte wie Maastricht über | |
Begleiterscheinungen des Drogentourismus. Dazu zählen Verkehrs- und | |
Parkprobleme sowie die gewalttätige Einschüchterung potenzieller Käufer | |
durch Drogenkuriere. In der Provinz Brabant kam es in diesem Herbst | |
vermehrt zu gewalttätigen Zwischenfällen, die mit der illegalen Zucht von | |
Cannabispflanzen in Verbindung stehen sollen. Diese war nie Teil der in | |
Europa einzigartigen "Duldungspolitik". Liberale Kritiker weisen darauf | |
hin, dass diese "illegale Hintertür", sprich Ankauf, die Coffeeshops an den | |
kriminellen Circuit binde. Gerade die Nachfrage von Drogentouristen | |
verstärke diese Entwicklung. | |
Der zukünftige Ansatz in der Soft-Drugs-Politik ist in den Niederlanden | |
heftig umstritten. Wie ihre Vorgängerin will auch die aktuelle Regierung | |
alle Coffeeshops dichtmachen, die innerhalb eines 350-Meter-Radius von | |
Schulen liegen. In den letzten Jahren wurden auch Coffeeshops geschlossen, | |
die gegen die Auflage eines Höchstvorrats von 500 Gramm verstießen. Von | |
knapp 1.500 Coffeeshops Mitte der 1990er Jahre sind heute noch etwa 660 | |
übrig. | |
Während die Regierung nun in Brabant so schnell wie möglich ein | |
Pilotprojekt starten will, kritisieren Oppositionspolitiker das Vorhaben, | |
da der Cannabishandel damit in die Illegalität gedrängt werde. Dies | |
befürchtet auch Marije Wouter, Kriminologin an der Universität von | |
Amsterdam (UvA). Der Konsum von Drogen werde dadurch nicht sinken, dafür | |
aber fördere der Plan Straßendealer und mobilen Verkauf. Sie schlägt | |
stattdessen eine weitere Regulierung der Coffeeshops vor, die auch die | |
"Hintertür" und die Zucht von Cannabis mit einbezieht. | |
16 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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