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# taz.de -- Kommentar Hartz IV: Weihnachtstheater im Parlament
> Egal wie lächerlich die Hartz IV-Erhöhung und wie defizitär das
> Bildungspaket ist, beide müssen ab Januar kommen. Erst dann kann über die
> Armen diskutiert werden.
Das Hickhack bei der Hartz-IV-Reform weckt böse Erinnerungen an die
Dezembertage im Jahre 2003. Damals wollte eine rot-grüne Bundesregierung
die Hartz-Gesetze durchsetzen, die CDU blockierte, im Vermittlungsausschuss
kam es unter Hochdruck noch vor Weihnachten zu einer Einigung. Heute will
eine Bundesregierung aus Union und FDP das sogenannte Reformpaket zu Hartz
IV durchsetzen.
Nun blockiert die SPD unter Mithilfe der Grünen und möchte trotzdem nicht
als die Partei dastehen, die eine Erhöhung um 5 Euro für Hartz-IV-Empfänger
ab Januar verhindert. Also tagt am Freitag wieder der
Vermittlungsausschuss, damit alle Parteien ihr Gesicht wahren können. Für
die Hartz-IV-Empfänger interessiert sich beim vorweihnachtlichen
Schattenboxen eigentlich niemand.
Stattdessen spielt sich die SPD als Anwalt der Armen auf, dabei hat sie die
vom Verfassungsgericht gerügten Gesetze gemacht. Mitnichten ist sie eine
verlässliche Interessenvertretung für die Armen. Leider ist die CDU mit
ihren Reformen um keinen Deut besser: Das Bildungspaket für arme Kinder,
das CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen durchsetzen will, hilft den
Bedürftigen kaum, denn es entspricht den Bedürfnissen der heterogenen
Haushalte häufig nicht.
Ein paar Beispiele: Viele Kinder aus Familien im Hartz-IV-Bezug bekommen
keinen Platz im Hort, weil ein Elternteil erwerbslos ist. Also bringen
ihnen die beschlossenen Zuschüsse für das Mittagessen nichts. Das
Bildungspaket hilft Familien mit chronisch lernschwachen Kindern nicht,
denn Nachhilfe wird nur gewährt, wenn die Versetzung gefährdet ist, und
auch dann auch nur für einen begrenzten Zeitraum. Und wer auf dem Land lebt
und viele Strecken mit dem Auto zurücklegen muss, bekommt immer noch kein
Zusatzgeld für Sprit, damit die Kinder zum Sportverein chauffiert werden
können. Manche Sozialpolitiker sehen nicht mal ein, dass arme Familien auf
dem Land ein Auto brauchen.
Doch egal wie lächerlich die Erhöhung und wie defizitär das Bildungspaket
ist, beide müssen ab Januar kommen. Damit die eigentlich anstehende Debatte
überhaupt losgehen kann. Die Frage nämlich, wie wir künftig mit denen
umgehen wollen, die ihr Existenzminimum nicht selbst erwirtschaften können,
ist mit diesen kleinlichen Nachbesserungen überhaupt nicht beantwortet.
16 Dec 2010
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
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