# taz.de -- Keine Beugehaft für Wisniewski: Ex-RAFler darf schweigen | |
> Stefan Wisniewski muss bei Ermittlungen zum Mord von 1977 an | |
> Arbeitgeberpräsident Schleyer nicht aussagen. Eine Beugehaft droht ihm | |
> auch nicht. | |
Bild: Die RAF ist noch immer ein Thema: Plakat beim Prozess gegen Verena Becker. | |
Die Bundesanwaltschaft hat bei ihren Ermittlungen zum RAF-Mord an | |
Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer einen Rückschlag erlitten. Der | |
bereits verurteilte Stefan Wisniewski muss nicht aussagen, wer Schleyer | |
erschoss. Der Bundesgerichtshof (BGH) billigte ihm ein | |
Zeugnisverweigerungsrecht zu. | |
Schleyer war im Herbst 1977 entführt worden, um die inhaftierte | |
Führungsspitze der RAF um Andreas Baader und Gudrun Ensslin freizupressen. | |
Als Reaktion auf die Unnachgiebigkeit des Staates und den kollektiven | |
Selbstmord der RAF-Anführer wurde Schleyer am 18. Oktober 1977 erschossen. | |
Zwar wurden später insgesamt zehn RAF-Angehörige wegen der Mitwirkung an | |
der Entführung und Ermordung verurteilt, unter anderem Peter-Jürgen Boock, | |
Stefan Wisniewski und Brigitte Mohnhaupt. Wer jedoch Schleyer konkret | |
erschossen hat, blieb unbekannt. | |
Für großes Aufsehen sorgte daher Boock, als er im September 2007 gegenüber | |
Spiegel TV erklärte, die Schüsse seien von Stefan Wisniewskis und Rolf | |
Heißler abgegeben worden. Heißler habe ihm später den genauen Ablauf | |
berichtet. | |
In der Folge eröffnete die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren | |
gegen Rolf Heißler, der wegen des Schleyer-Mordes noch nicht angeklagt war. | |
Dem heute 62-jährigen Heißler droht durch die neuen Ermittlungen aber | |
allenfalls eine kurze zusätzliche Freiheitsstrafe, da er wegen anderer | |
Delikte schon einmal zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt war. | |
Heißler saß von 1979 bis 2001 in Haft, weil er 1978 bei einer Passkontrolle | |
zwei niederländische Zöllner erschoss. | |
Die neuen Ermittlungen kommen aber nicht voran. Allein auf die Aussage | |
Boocks können die Bundesanwälte eine Anklage nicht stützen, da Boock auch | |
schon gelogen hat. Die Ermittler wollten deshalb Wisniewski zur Aussage | |
zwingen. Da er bereits wegen der Tat verurteilt wurde, könne er sich nicht | |
mehr selbst belasten. | |
Das sah der Ermittlungsrichter am BGH aber anders und billigte Wisniewski | |
ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Es bestehe die Gefahr einer "mittelbaren | |
Selbstbelastung", aus einer Aussage könnten Schlüsse auf Wisniewskis | |
Beteiligung an anderen Taten gezogen werden. | |
Die Bundesanwaltschaft legte dagegen Beschwerde ein. Doch der 3. Strafsenat | |
des BGH erklärte das Rechtsmittel vor wenigen Tagen für unzulässig. | |
Bundesanwalt Rainer Griesbaum ärgerte sich: "So können Ermittlungsansätze | |
alsbald enden", grummelte er jüngst vor Journalisten. | |
Vermutlich wäre bei einer Befragung eh nichts herausgekommen. Nach einem | |
Bericht des Spiegels hatte Wisniewski schon im Mai 2007 versprochen, nicht | |
auszusagen. Allerdings hätten gegen Wisniewski dann bis zu sechs Monate | |
Beugehaft verhängt werden können. | |
19 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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