| # taz.de -- Kommentar FDP-Chef: Westerwelle, Stoiber und Kurt Beck | |
| > Nichts spricht dafür, dass die FDP ohne Westerwelle beliebter wird. Die | |
| > Ursache der Liberalen-Krise ist nicht der Mann, sondern der hoffnungslos | |
| > veraltete Markenkern. | |
| Es war nur eine Frage der Zeit und nahender Landtagswahlen, bis Guido | |
| Westerwelles Negativimage vom Wahlvolk auf seine Partei überschwappte. | |
| Jetzt, da dutzende FDP-Abgeordnete im nächsten Jahr um ihre Mandate bangen | |
| müssen, wird der Parteivorsitzende in Rekordgeschwindigkeit vom umjubelten | |
| Star zum Deppen gemacht, der die eigene Karriereplanung in Gefahr bringt. | |
| Wir kennen dieses Phänomen aus anderen Parteien. Vor Jahr und Tag erging es | |
| Kurt Beck von der SPD, ebenso wie, äh, Edmund Stoiber bei den | |
| Christsozialen, so wie Westerwelle heute. | |
| Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie nicht über einen veritablen Skandal | |
| stürzten, sondern von der Wahlpanik ihrer Parteien weggefegt wurden. Doch | |
| bekanntlich ging es SPD und CSU nach dem Rauswurf von Beck und Stoiber | |
| keineswegs besser. Wieso sollte das bei einer Entfernung von Guido | |
| Westerwelle aus dem Amt des FDP-Parteivorsitzenden anders sein? | |
| Tatsächlich spricht nichts dafür, dass die FDP ohne Westerwelle auf Dauer | |
| beliebter wird. Gut, ein wenig seriöser vielleicht - aber das ist keine | |
| Garantie für neue Höhenflüge, für die der Parteichef einst in der Partei | |
| geliebt wurde. Tatsächlich verfügen - siehe Beck und Stoiber - die | |
| FDP-Weihnachtsmänner weder über eine vorzeigbare personelle Alternative | |
| noch über ein anderes Programm. Sie denken offenbar, eine Katharsis, die | |
| sich allein auf das Auswechseln eines Kopfes beschränkt, würde ausreichen, | |
| damit Metzgermeister, Zahnärzte, IT-Fachleute und die, die es werden | |
| wollen, wieder reumütig zu ihnen zurückzukehren. Das ist ein Trugschluss. | |
| Denn die Krise der FDP mag durch die Person Westerwelle personifizierbar | |
| sein. Die eigentliche Ursache ist der Mann aber nicht. Die liegt darin | |
| begründet, dass der Markenkern der Liberalen hoffnungslos veraltet ist: | |
| Steuersenkungen sind out, die Freiheit des Markts seit der Finanzkrise | |
| anrüchig, das Lob des Tüchtigen angesichts von Kinderarmut obszön. Das | |
| FDP-Programm mag mit Guido Westerwelle verbunden sein, aber seine Erfindung | |
| ist es bei aller Ehre dann doch nicht. | |
| Einfallsloser, als den Parteichef abzusägen, kann eine Partei in dieser | |
| Situation kaum reagieren. Und viel dümmer auch nicht. Aber das ist nicht | |
| verwunderlich in einer Partei, in der nicht die Liberalität, sondern die | |
| nackte Angst vor dem Jobverlust regiert. | |
| 19 Dec 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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