# taz.de -- Kommentar UN-Mission Südsudan: Fehler der UN gefährden den Frieden | |
> Die UNO schickt eine globale Helferelite in den Südsudan, die lokale | |
> Expertisen ignoriert. Damit treibt sie frustrierte Ex-Guerilleros in die | |
> Hände neuer Warlords. | |
Wenn ein bitterarmes Land aus Jahrzehnten des Bürgerkriegs erwacht, | |
bedeutet der Aufbau von Frieden viel mehr als nur, dass die Waffen | |
schweigen. Es geht darum, das Lebensumfeld der Menschen behutsam zu | |
stabilisieren, ihnen neue Perspektiven jenseits der Gewalt zu eröffnen und | |
verlässliche Institutionen zu schaffen, die der Gesellschaft Halt bieten. | |
Frühere Kämpfer müssen sich aus alten Abhängigkeiten von Warlords lösen und | |
einen selbstbestimmten Beitrag zur Sicherung ihrer Familien und | |
Gemeinschaften leisten können: Das ist die größte Herausforderung. | |
In diesem Kontext ist es immer eine heikle Angelegenheit, wenn ausländische | |
Experten mit fetten Jeeps und außerirdisch anmutenden Gehältern anrollen | |
und bitterarmen Kriegsüberlebenden erklären, wie sie ihre Probleme zu lösen | |
haben. Längst haben die Krisen der Welt eine globale Helferelite gezüchtet, | |
die quer über den Globus von einem gut bezahlten Posten zum nächsten hüpft | |
und sich alle Widrigkeiten mit Dollarbündeln vom Leib hält. | |
Allzu oft ignoriert sie lokale Expertise, marginalisiert lokale | |
Friedenskräfte und lässt lokale Stabilisierungsprozesse mangels | |
Finanzierung und Anerkennung scheitern, während sie für hundertmal so viel | |
Geld eigene Ideen ausprobiert und damit neue Konflikte produziert. | |
Die Unabhängigkeit Südsudans, Ergebnis eines jahrzehntelangen | |
Freiheitskampfes, müsste eigentlich ein lichter Moment im Kampf um das | |
Selbstbestimmungsrecht der Völker sein. Dank der Kapriolen, die sich die | |
UNO derzeit mit ihrem Demobilisierungsprogramm leistet, wächst aber nun bei | |
jenen, die dem Südsudan überhaupt erst die Freiheit beschert haben, der | |
Frust und die Enttäuschung. | |
Die Gefahr ist, dass sich frustrierte Exguerilleros neuen Warlords zur | |
Verfügung stellen, wie es einst Saddam Husseins Soldaten nach dem Irakkrieg | |
getan haben. Es gibt im Sudan genügend Konfliktpotenzial und Kriegstreiber. | |
Und vor allem nehmen in Sudans Hauptstadt Khartoum in der etablierten Elite | |
sehr viele die Abspaltung des Südens nur widerwillig hin. | |
Die UNO ist ursprünglich nach Südsudan gekommen, um den Frieden zu sichern | |
und dafür zu sorgen, dass ein stabiler neuer Staat entsteht, sofern die | |
Südsudanesen ihn wünschen. Sie sollte sich schleunigst darauf besinnen, | |
dieses Ziel zu erfüllen - und nicht durch ihre eigenen Fehler zu | |
untergraben. | |
22 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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