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# taz.de -- Mord an Iraker in Leipzig: "Nicht fremdenfeindlich motiviert"
> Ende Oktober wird ein Iraker in Leipzig erstochen, zwei Neonazis sind
> verdächtig. Fremdenfeindlich war die Tat nicht, so der Staatsanwalt. Ein
> Verdächtiger kam jetzt frei.
Bild: Neonazis bei einer Demonstration in Leipzig 2006.
BERLIN taz | Daniel K. ist wieder frei. Der vorbestrafte 28-Jährige saß in
U-Haft, weil er gemeinsam mit Marcus E. in der Nacht zum 24. Oktober den
Iraker Kamal K. in der Leipziger Innenstadt erstochen haben soll. „Es gibt
keinen Haftgrund mehr, weil sich im Laufe der Ermittlungen gegen ihn nur
noch der Tatvorwurf der gemeinschaftlich schweren Körperverletzung aufrecht
erhalten ließ“, sagte der Leipziger Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz der
taz. Der Vorwurf gegen den ebenfalls vorbestraften 32-jähringen Marcus E.,
der sich bisher nicht zum Fall äußerte, lautet weiterhin auf Mord.
Nach einem Discosbesuch begegnete das Opfer den Tatverdächtigen am
Leipziger Hauptbahnhof und wurde von ihnen „angemacht“, wie es Schulz
audrückt. Nach einem verbalen Schlagabtausch prügelten sie auf Kemal K.
ein, später soll – so der Stand der Ermittlungen – Marcus E. ein Messer
gezogen und ihm die tödlichen Verletzungen zugefügt haben. Daniel K. sagte
aus, er könne sich an den Vorfall kaum erinnern, da er alkoholisiert war.
Er habe aber nicht zugestochen.
„Nach bisherigem Stand der Ermittlungen gibt es keine Anhaltspunkte, dass
die Tat fremdenfeindlich motiviert war“, so Oberstaatsanwalt Schulz. Es
seien keine rassistischen Sprüche gefallen, zudem sei es zu dunkel gewesen,
um das Opfer genau zu erkennen. „Außerdem hat er perfekt Deutsch
gesprochen“, so Schulz. Für die Einordnung als politisch motivierte Tat
„reicht uns die Vergangenheit der Täter nicht“, so Schulz.
Beide Tatverdächtige haben eine rechtsextreme Gesinnung. Daniel K. war
Mitglied in der berüchtigen Kameradschaft Aachener Land. Sein Anwalt sagt,
er sei Mitläufer gewesen. 2008 habe er sich von der Szene distanziert. Das
dürfte ihm nicht schwer gefallen sein, trat er doch eine Haftstrafe an, bei
der er Marcus E. kennenlernte, und zog später nach Leipzig um. Bei
[1][seiner Verhaftung] trug er ein Pulli mit der Aufschrift „Kick off
Antifacism".
"Es gibt auch beim zweiten Tatsverdächtigen Hinweise auf eine rechte
Vergangenheit", so Ricardo Schulz. Bisher gab es darüber nur Gerüchte.
Schulz verwies auf einschlägige Tattoos bei Marcus E., wollte aber nicht
konkreter werden.
Die Ermittlungen werden im Januar abgeschlossen, dann wird Anklage erhoben.
Ob diese gegen Marcus E. auf Totschlag oder Mord lautet, ist auch davon
abhängig, ob ihm niedere Beweggründe - also etwa eine fremdenfeindliche
Motivation - unterstellt werden.
Antirassistische Gruppen zeigen sich empört. Der „dreiste Versuch, die
Ermordung eines Migranten durch zwei deutsche Rassisten mit dem Hinweis auf
einen Alkoholrausch zu bagatellisieren“, wiege schwer, heißt es vom
Initiativkreis Antirassismus. Juliane Nagel, Stadträtin der Linkspartei in
Leipzig, [2][sagte]: „Die Freilassung Daniel K.s und die Entpolitisierung
des Mordes ist ein Schlag ins Gesicht der Familie und Freunde von Kamal.“
Unter dem Motto [3][„Das Schweigen brechen, Rassismus bekämpfen“], ruft der
Initiativkreis Antirassismus in Leipzig für den 29. Dezember zur
Demonstration in Erinnerung an Kamal K. Auf. In einigen Städten sind an
diesem Tag Solidaritätsdemos geplant.
22 Dec 2010
## LINKS
[1] http://de.indymedia.org/2010/10/292958.shtml
[2] http://jule.linxxnet.de/index.php/2010/12/fassungslos-mittater-im-mordfall-…
[3] http://initiativkreis.blogsport.de/2010/12/18/demo-in-leipzig-am-29-12-das-…
## AUTOREN
Paul Wrusch
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