# taz.de -- Interview über investigativen Journalismus: "Es gibt immer eine Ex… | |
> Was braucht es, um einen Skandal wie Abu Ghraib oder das My Lai-Massaker | |
> aufzudecken? Es ist ein Handel mit Informationen, sagt der Meister des | |
> investigativen Journalismus, Seymour Hersh. | |
Bild: Deckte das Massaker von My Lai und die Folter im Gefängnis Abu Ghraib au… | |
taz: Herr Hersh, dürfen Journalisten alles, was sie wissen, auch | |
veröffentlichen? | |
Seymour Hersh: Es ist ja nicht so, dass sie permanent versuchen würden, | |
etwas Geheimes zu erfahren, das sie drucken können. Es ist vielmehr so, | |
dass sie nach etwas Geheimem und zugleich Schlechtem suchen. Andererseits: | |
Ich bin Amerikaner, und wenn meine Regierung etwas Kluges macht - etwa | |
herausfinden, was al-Qaida tut -, werde ich nicht dazwischenfunken. Ich bin | |
nicht prinzipiell gegen das Handeln der Regierung. Ich bin nur dagegen, | |
dumme und kriminelle Dinge zu tun. Ich bin dagegen, Menschen in Gefängnisse | |
wie Guantánamo zu stecken, weil Amerika immer als vernünftiges und | |
ehrenwertes Land wahrgenommen wurde und wir unseren Ruf zerstört haben. | |
Es bringt Sie nicht in Loyalitätskonflikte, staatliche Geheimnisse zu | |
veröffentlichen? | |
Es ist die Aufgabe der Regierung, das Geheime zu bewahren. Wenn ich ein | |
großes Geheimnis erfahre, ist das nicht mein Problem, es ist ihr Problem. | |
Dabei kann ich immer entscheiden, es zu veröffentlichen oder nicht. | |
Welche Fehler können Journalisten noch machen? | |
Zu viele Vermutungen anstellen. Sie glauben nicht, wie viele Vermutungen | |
oder Unterstellungen einfach so übernommen werden. Es reicht nicht, | |
kritisch und skeptisch zu sein. Sie können nämlich die Dinge infrage | |
stellen und skeptisch sein und doch nur einer Vermutung folgen. | |
Was noch? | |
Wenn man eine gute Geschichte hat, muss man sie nicht noch zuspitzen; man | |
muss die Dramatik oder die Sensation nicht extra hervorheben, wenn sie | |
schon drinsteht. Man lässt die Geschichte sich selbst erzählen. Die größte | |
Schwierigkeit bei einer komplizierten Geschichte besteht darin, sie einfach | |
zu erzählen. Ich meine nicht simpel oder nur mit kurzen Sätzen, sondern | |
eindeutig und sauber. | |
Klingt einfach. | |
Das kann aber sehr schwer sein. Manchmal versuchen Journalisten, eine harte | |
Geschichte schön aufzuschreiben, mit einem schicken Einstieg etwa. Beim New | |
Yorker, für den ich heute noch arbeite, gibt es immer Reibereien, weil sie | |
keine direkten Geschichten mögen. Sie wollen, dass man mit einem | |
historischen Ereignis beginnt. Also habe ich dort in meiner Zeit als | |
festangestellter Mitarbeiter jede Geschichte mit dem Einmarsch in die | |
Normandie angefangen. ich habe mir einen Scherz erlaubt. Aber in einem | |
Punkt haben sie recht: Wenn Sie eine lange Geschichte schreiben, müssen Sie | |
etwas finden, das den Charakter der Geschichte widerspiegelt. | |
Wie verbreitet ist unter amerikanischen Journalisten die Einsicht, dass es | |
schwer ist, eindeutig und sauber zu arbeiten? | |
Das ist kaum zu verallgemeinern. Meine alte Zeitung, die New York Times, | |
macht gute Arbeit. Und die Washington Post hat kürzlich eine lange | |
Geschichte über der Zahl der Organisationen und Unternehmen veröffentlicht, | |
die im Bereich der inneren Sicherheit und der Geheimdienste tätig sind. Die | |
war sauber, gut und mit vielen Grafiken ausgestattet. Heute ist alles | |
Multimedia, selbst die großen Storys werden mit dem Hinweis "Gehen Sie auf | |
www.nytimes.com, dort Sie finden jedes Interview" versehen. Das hat einige | |
Vorteile. Man kann die langen Interviews, die man geführt hat, online | |
stellen. Mein Problem ist jedoch das hochwertige Schreiben. Davon gibt es | |
nicht genug und nicht jeder kann es. | |
Manche sagen, der Onlinejournalismus werde überschätzt. Es gebe zu wenig | |
eigenständig recherchierte Geschichten in den Onlinemedien. | |
Ich spreche seit 15 Jahren mit Kollegen darüber, investigativen | |
Journalismus online zu betreiben. Investigative Journalisten brauchen | |
manchmal zwei Monate für eine Recherche; sie fliegen um die Welt und | |
investieren vielleicht 100.000 Dollar in eine Geschichte. Sie brauchen | |
Geld. Und bis jetzt hat niemand herausgefunden, wie Onlinemedien | |
investigative Recherchen finanzieren sollen. Das ist heute das große | |
Problem des Onlinegeschäfts. | |
Wie könnte eine Lösung aussehen? | |
Das weiß ich nicht. Aber ich bin mir sicher, dass man dieses | |
Finanzierungsproblem lösen wird. | |
Ohne das Wissen von Informanten gibt es keine Investigation, keine | |
Recherche. Wie bringen Sie wichtige Informanten dazu, sich Ihnen zu öffnen? | |
Eine Möglichkeit ist, ihnen etwas Neues zu erzählen. Das hilft, wenn man | |
anruft. Man muss dieses erste Stückchen Information haben, auch wenn dieses | |
schwer zu bekommen ist. Wenn Sie etwas haben, das niemand weiß oder wissen | |
sollte, kommen Sie ins Gespräch. | |
Was meinen Sie damit? | |
Ich habe gerade ein Buch eines ehemaligen Regierungsanwalts gelesen, in dem | |
er erzählt, wie er reagierte, wenn ein Journalist mit einem sensiblen Thema | |
zu ihm kam. Er schreibt: "Ich habe gelogen. Ich habe gesagt, ich weiß | |
nicht, wovon Sie reden. Dann bin ich zu meinem Boss gegangen und habe ihm | |
gesagt, der weiß was, pass auf ihn auf." Aber wenn man ein Körnchen | |
Wahrheit findet, etwas Wichtiges, kann das wie ein Dosenöffner wirken. Ich | |
sage meinen Gesprächspartnern oft: "Bevor wir reden, lassen Sie mich | |
erzählen, was ich kürzlich gehört habe." Ich gebe ihnen etwas, das kann | |
auch Klatsch sein, aber es unterscheidet mich von anderen. | |
Sie verlassen sich auf einen Austausch mit Informationen? | |
Na ja, eher auf einen Handel. Manche Kollegen sagen: Du erzählst nie einer | |
Quelle etwas, das sie nicht unbedingt wissen muss. Ich sage: Du bekommst | |
nichts, wenn du nicht auch etwas gibst. Du erzählst denen, was du machst | |
und weißt. Aber heute ist das auch leicht für mich, weil ich mir in 35 | |
Jahren viele Informanten aufgebaut habe. Wenn ich zu denen mit etwas | |
Wichtigem komme und sie nicht darüber reden können, dann sagen sie das, | |
bevor ich richtig loslege. Und manche sagen: "Du liegst nicht ganz richtig, | |
an deiner Stelle würde ich mir mal diese Sache hier anschauen." | |
Woher kommen Ihre wichtigsten Informanten? | |
Die erste Reihe hilft oft nicht weiter. Dafür ist die dritte Reihe manchmal | |
wichtig. | |
Warum? | |
Weil die Leute in der ersten Reihe die Dinge schönreden. Sie sind einzig | |
daran interessiert, Ihnen eine Geschichte zu verkaufen, die Sie so erzählen | |
sollen, wie sie es sich wünschen. In der zweiten oder dritten Reihe | |
hingegen finden sich manchmal Menschen, die tatsächlich an der Wahrheit | |
interessiert sind. Aber die Leute an der Spitze der Regierung, du meine | |
Güte! Da wurde kürzlich ein Bericht veröffentlicht, dass die | |
Obama-Regierung bei der Ölpest im Golf von Mexiko nicht gut reagiert, dass | |
sie Informationen verdreht habe. Oh mein Gott, was waren sie aufgeregt, das | |
alles zurückzuweisen. Natürlich sind sie aufgeregt. Regierungen sind so. | |
Und Barack Obama mag ein anständiger Mann sein, ich halte ihn für | |
ehrenhaft, aber auch er ist ein Politiker. | |
Und die zweite, dritte Reihe? | |
Es gibt immer einen General, der zwei Sterne hat und gerne drei oder vier | |
hätte, aber er wird mit zwei Sternen pensioniert. Der ist gut. Geben Sie | |
ihm nach seiner Pensionierung einen Monat Langeweile und sprechen Sie dann | |
mit ihm. Er wird Informationen haben. In Konzernen gibt es immer jemanden, | |
der einen wichtigen Job will und ihn an einen Konkurrenten verliert. Er | |
wird Ihnen erzählen, warum der andere ein Ekel ist und den Job trotzdem | |
bekommen hat. Das ist keine schöne Aufgabe, aber da ist immer einer, der | |
gerade das Unternehmen verlassen hat oder gefeuert wurde. Und wenn Sie | |
wirklich verzweifelt sind, gibt es immer eine Exfrau. Das mag ich zwar | |
überhaupt nicht, aber ich kenne Kollegen, die so an Informationen gekommen | |
sind. | |
Arbeiten Sie auch mit den Geheimdiensten? Sind sie manchmal nützlich? | |
Natürlich. Ich kontaktiere die Geheimdienste aber nicht offiziell, indem | |
ich etwa eine Notiz an den Chef der CIA oder dessen Pressereferenten | |
schreibe und um ein Briefing oder Treffen bitte. Das mache ich nicht mehr, | |
weil ich es nicht nützlich finde. | |
Was machen Sie stattdessen? | |
Ich finde Leute, die genug wissen, und treffe sie informell. Sie finden | |
Gesprächspartner, wenn Sie zu jemandem in der CIA gehen, der ein Experte, | |
aber kein Faulpelz ist. Sie suchen einen ehrlichen und ehrbaren Analysten. | |
Dann sagen Sie ihm offen: "Ich möchte wissen, wie der letzte Stand in einer | |
Angelegenheit ist, aber kein Briefing besuchen, weil dort so viel verdreht | |
wird." | |
Wie überprüfen Sie diese Informationen vom Geheimdienst? | |
Da muss man sich anstrengen, das ist fürchterlich. Einige mögen mich, weil | |
sie wissen, ich habe viele Informanten. Nicht unendlich viele, aber mehr | |
als die meisten. Und wenn ich jetzt eine Geschichte schreibe und genügend | |
Informationen habe, ist der eine Informant nicht verdächtig, weil ich die | |
Informationen von einem zweiten erhalten haben könnte, selbst wenn die | |
Behörden das prüften. | |
Wie schützen Sie Ihre Informanten? | |
Wenn ich eine sensible Geschichte schreibe, wie über Nuklearwaffen in | |
Pakistan und wie Amerika damit umgeht, macht das die Regierung verrückt. | |
Also prüfen sie mögliche Informanten und finden heraus: Der hat es gewusst, | |
aber er hat etwas anderes nicht gewusst, was der Hersh geschrieben hat. | |
Also folgern sie, er kann nicht die Quelle sein. Wenn Sie aber drei oder | |
vier verschiedene Informanten haben, die Ihnen ihre Geheimnisse verraten, | |
und Sie alle diese Informationen im Text verwenden, ohne die Namen der | |
Quellen zu nennen, verwirren Sie die Verfolger. Die können nicht | |
herausfinden, wer es Ihnen letztlich gesteckt hat. | |
Danach wird gefahndet? | |
Ja. Sie suchen. So etwas ist nie öffentlich, aber den meisten Ärger hatte | |
ich, als George W. Bush Präsident und Dick Cheney Vizepräsident war. Sie | |
haben nachgeforscht, wer mit mir gesprochen hat, und sie haben bestimmte | |
Leute bestraft. Dabei haben sie aber immer die falsche Person erwischt. | |
Immer! | |
Wie beurteilen Sie die Qualität von anonymen Quellen? | |
Man ist darauf angewiesen. Aber beim New Yorker gibt man Unsummen - | |
wirklich ungewöhnlich viel Geld - für Faktenchecker aus. Das sind 15 bis 20 | |
Leute, die viel Geld kosten, aber das Magazin besser machen. Meinen | |
anonymen Quellen habe ich über die Jahre erklärt, dass ich nichts verwenden | |
kann, es sei denn, sie sprechen getrennt von mir noch einmal mit einem | |
unserer Faktenchecker. Also organisiere ich den Anruf des Faktencheckers, | |
welche Zeit, welche Nummer, manchmal nutzen wir eine öffentliche | |
Telefonzelle, wenn die Sache sehr sensibel ist. Einige Leute sprechen nur | |
zu Hause mit mir. In einigen Fällen fliegt ein Faktenchecker nach | |
Washington. Ich bringe ihn zu den Leuten und gehe dann, sodass sie in Ruhe | |
reden können. | |
Wie ist Ihr Verhältnis zu diesen Faktencheckern? | |
Sie können mächtig nerven, aber sie sind eine große Hilfe. Ich habe etwas | |
Erstaunliches beobachtet: Jemand im Inneren der Dienste, ein Techniker, | |
wird dem Faktenchecker mehr erklären als mir, weil er glaubt, ich würde | |
etwas von der Materie verstehen, was ich aber nicht unbedingt tue. Ein | |
Encrypter zum Beispiel erklärt dem Faktenchecker ausführlicher als mir, wie | |
das Codiersystem funktioniert. Die Faktenchecker sind gut, sie machen sich | |
Notizen. Ich nehme oft Details von ihnen und nutze sie für die Story. | |
Was ist das wichtigste Erfolgskriterium für einen guten, investigativen | |
Journalisten? Die Intensität der Recherche? | |
Sie müssen dranbleiben, den letzten Anruf machen, immer dranbleiben. Das | |
ist schwer. Manchmal fühle ich mich wie ein Fundraiser oder ein | |
Geldeintreiber für eine gemeinnützige Organisation. | |
Sind Fundraiser mit Journalisten vergleichbar? | |
Die Leute sind immer schnell dabei zu sagen: Mit Ihnen spreche ich nicht. | |
Ich glaube nicht daran, Leute bei sich zu Hause aufzusuchen und an ihre | |
Türen zu klopfen. Einige Kollegen sagen, sie machen das, aber ich finde das | |
anstößig. Anders ist es in folgendem Fall: Ich habe kürzlich an einem | |
Sonnabend jemanden "drinnen" angerufen. Er sagte: "Komm vorbei." Ich | |
antwortete: "In einer Stunde bin ich da." Meine Frau war etwas sauer, aber | |
es war ein wichtiger Typ und er war einverstanden, mich zu treffen. Und | |
solche Leute mögen es, wenn man sagt: "Ich bin gleich da." Sie sehen, man | |
arbeitet hart. | |
Quellen, Material, Dokumente - was braucht man zusätzlich noch für eine | |
erstklassige Geschichte? Welche Bedeutung haben Fantasie und | |
Kombinationsfähigkeit? | |
Manchmal haben Sie vier oder fünf Fakten und schreiben eine Story. Und | |
plötzlich verstehen Sie etwas. Aber das passiert nicht oft, dass man das | |
Puzzle Stück für Stück zusammensetzt und dann völlig überraschenderweise | |
feststellt: Oh mein Gott, jetzt verstehe ich die Hintergründe! | |
Was sollten junge Journalistinnen und Journalisten lernen, die investigativ | |
arbeiten wollen? | |
Sie sollten wissen, dass Sie am Anfang beginnen müssen, und nicht gleich | |
als investigativer Journalist starten. Sie müssen lernen zu schreiben, | |
vorsichtig und gründlich zu sein. Wenn Sie Talent haben, wird Ihnen bald | |
dieser schöne Moment begegnen, eine Geschichte zusammenzusetzen, die kein | |
anderer kennt. Das ist das Wichtige: Etwas zusammenzusetzen, das niemand | |
anderes kennt. So finden Sie zu Spaß und Ruhm. Aber Sie müssen klein | |
anfangen, Porträts von Leuten und Features schreiben, die klassische | |
Zeitungsarbeit machen und dabei lernen, Ihre Talente einzusetzen. Seien Sie | |
akkurat, dann werden Sie sehen: Manche Kollegen verbringen ihr ganzes Leben | |
als Stenografen oder Sekretäre. Sie hören den Präsidenten, schreiben auf, | |
was er sagt, und sind glücklich damit. Andere sagen, ich will mehr. Ich | |
glaube, die klugen Journalisten wollen mehr als nur Statements | |
aufschreiben. | |
Sind die PR-Spezialisten stärker und professioneller als Journalisten? | |
Ja, manchmal sind sie viel besser, weil viele gute Journalisten in der | |
Wirtschaftskrise das gemacht haben, was sie vorher nie gedacht hätten. Sie | |
haben einen dieser gut bezahlten Jobs angenommen. Es gibt diese Gefahr. Es | |
ist mittlerweile eine Kunst geworden, Nachrichten zu verdrehen und zu | |
verpacken. Das ist erschreckend. | |
Wie sollten die Medien darauf reagieren? | |
Das große Problem ist, dass Zeitungen und Fernsehen denselben Fehler | |
machen: Sie schreiben Leute hoch, die sie kontrollieren sollten. In Amerika | |
könnten wir 70 Prozent der Redakteure feuern, in Deutschland ist es | |
wahrscheinlich besser. Die Leute, denen die Druckmaschinen gehören, | |
befördern nicht die Leute, die sie befördern sollten. | |
Sondern? | |
Oft gibt es in den oberen Etagen nette Mitarbeiter, aber das sind nicht die | |
richtigen. Sie sind nicht aggressiv. Mir ist es oft passiert, dass Kollegen | |
nach einer Weile müde von mir wurden, weil ich oft negativ bin und die | |
dunkle Seite suche, weil ich immer gesagt habe: Dies ist nicht gut und das | |
hier auch nicht. Nur sehr selten findet man einen starken investigativen | |
Mann, der Chefredakteur oder leitender Redakteur wird. Die London Times | |
hatte einmal eine Abteilung, "The Inside Team", das ist 20 bis 30 Jahre | |
her. Ende der Sechzigerjahre hatten sie dieses spezielle Team aufgestellt. | |
Sechs Reporter haben ausschließlich investigativ gearbeitet. Sie schrieben | |
gute Texte zum Beispiel über den Vietnamkrieg, hatten einen fantastischen | |
leitenden Redakteur. Aber heute will niemand mehr so viel Einfluss und | |
Macht aus der Hand geben. | |
Was ist die politische Essenz Ihres journalistischen Lebens? | |
Vertraue niemals den Leuten im öffentlichen Leben, das ist nicht unser Job. | |
Wir sind keine Cheerleader für unsere Regierungen. Nach dem 11. September | |
waren Reporter in den USA zu sehr mit Applaudieren beschäftigt, anstatt | |
skeptisch gegenüber George W. Bush und seinen Behauptungen zu Bomben im | |
Irak zu sein. "Amerika zuerst", hieß es bei ihnen, wir wollen Rache - da | |
haben wir unsere Seele verloren. | |
Was treibt Sie an, mit 73 Jahren noch immer investigativen Journalismus zu | |
betreiben? | |
Ich mag Geschichten. Ich hasse Lügen und ich liebe Geschichten. Ich liebe | |
es, Geschichte zu erzählen, die noch keiner kennt. | |
Übersetzung: Lars-Marten Nagel | |
Der Interviewer, THOMAS LEIF, 51, ist Politikwissenschaftler, arbeitet als | |
Chefreporter des SWR-Fernsehens und ist Vorsitzender von netzwerk | |
recherche, dem deutschen Verband investigativ arbeitender Journalisten. | |
26 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Thomas Leif | |
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