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# taz.de -- Kommentar SPD: Stagnierende Partei Deutschlands
> Die SPD pendelt in Umfragen bei 25 Prozent und hat seit 2009 kein
> originelles Thema gefunden. Sie bleibt blass und unsichtbar. Dabei böte
> die Regierung genug Angriffsfläche.
Stimmt, die SPD gibt es ja auch noch. Nur für den Fall, dass irgendjemand
Zweifel an der Existenz der Sozialdemokraten bekommen haben sollte: Sie
gehen "mit viel Schwung" ins neue Jahr und wollen stärkste politische Kraft
werden. Sagt zumindest ihr Fraktionsvorsitzender, ein gewisser Frank-Walter
Steinmeier, einer Boulevardzeitung im Jahresabschluss-Gespräch. Auf dem
Foto schleift er - roten Schal um den Hals, Axt in der Hand - einen
angeblich frisch geschlagenen Weihnachtsbaum durch den Schnee.
Lachhaft? Nein. Weder Steinmeiers an Realitätsverweigerung grenzende
Aussagen sind lustig noch seine peinliche Selbstinszenierung. Die SPD
pendelt in Umfragen zwischen 24 und 28 Prozent, sie hat seit ihrem
Wahldesaster 2009 kein einziges originelles Thema gefunden, sie bleibt in
der Opposition blass und unsichtbar - obwohl die Regierung wahrlich genug
Angriffsfläche böte.
Dieser Zustand ist nicht lächerlich, man muss ihn ernst nehmen. Unter
anderem deshalb, weil Schwarz-Gelb keine starke Opposition, keine
interessanten Alternativen zu fürchten braucht. Beides wäre aber dringend
nötig.
Ein Grund für die Stagnation der SPD ist ihr Führungstrio, das nicht wie
geplant funktioniert. Sigmar Gabriels Kreativität entpuppt sich als
kontraproduktiv, weil er die Partei jeden Tag in eine neue Idee jagt, aber
nichts durchhält. Andrea Nahles muss diesen Schaden eindämmen, statt den
Gegner zu attackieren. Und Steinmeiers Bedächtigkeit - die beispielsweise
aus jeder Zeile der pragmatischen Afghanistan-Position der SPD strahlt -
passt wunderbar ins Ministerium, auf der Oppositionsbank hilft sie dagegen
kaum.
Das größte Dilemma der Partei zeigt sich in dem aktuellen Geschacher um die
Hartz-IV-Sätze. Die SPD argumentiert zahnlos gegen die von Schwarz-Gelb
geplante Mini-Erhöhung, all ihre Kritik klingt hier verlogen. Denn es ist
unmöglich, eine politische Idee als unsozial zu geißeln, die man selbst
erfunden hat.
Das Trauma des Hartz-Streits wirkt also bis heute nach, nach wie vor ist
die Partei hier gespalten. Insofern liegt Steinmeier falsch, wenn er sagt,
dass seine Partei für soziale Gerechtigkeit und Balance stehe. Denn genau
das ist das Problem der SPD: Sie hat vor fünf Jahren beim Sozialen, das
früher eine wichtige Kompetenz war, viel Glaubwürdigkeit verspielt. Und sie
hat bis heute keine neue Idee, mit der sie sie wiedergewinnen könnte.
26 Dec 2010
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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