# taz.de -- US-Botschaft pusht Gentech-Pflanzen: Den Vatikan im Visier | |
> Laut den US-Depeschen auf Wikileaks, versuchen die USA selbst über den | |
> Vatikan die Akzeptanz für Gentechpflanzen zu verbessern. Helfen soll | |
> dabei der Hunger in der Dritten Welt. | |
Bild: Die Monopolisierung der Lebensmittel verhindert mehr Akzeptanz für Gente… | |
BERLIN taz | Weitere von Wikileaks veröffentlichte US-Depeschen zeigen, | |
dass die USA auch den Vatikan instrumentalisieren wollten, um die | |
internationale Skepsis gegen gentechnisch veränderte Pflanzen abzubauen. | |
Schließlich, so [1][kabelte die Botschaft der Vereinigten Staaten] am 3. | |
Juli 2001 in einer als "vertraulich" eingestuften Nachricht ans Weiße Haus, | |
"können die Lehren und die Politik des Vatikans mehr als eine Milliarde | |
Anhänger der römisch-katholischen Kirche beeinflussen". | |
Konkret empfahlen die Diplomaten, den damaligen Papst Johannes Paul II. zu | |
einer "positiveren Einstellung" zum Einsatz von gentechnisch veränderten | |
Organismen (GVO) bei der Entwicklung der Landwirtschaft "in der Dritten | |
Welt" zu bewegen. Denn dies "könnte dazu beitragen, dass GVOs stärker | |
akzeptiert werden - sogar in der entwickelten Welt". | |
Die Wikileaks-Dokumente reichen teilweise in die Zeit von Präsident George | |
W. Bush zurück, der damals ein Treffen mit Johannes Paul II. vorbereitete. | |
Dass auch die US-amerikanische Regierung unter Bushs Amtsnachfolger Barack | |
Obama den neuen Papst Benedikt XVI. von der Agrogentechnik überzeugen will, | |
belegt [2][ein Bericht der US-Botschaft im Vatikan vom 19. November 2009:] | |
"Die Dienststelle wird weiter Lobbying betreiben, damit der Vatikan für | |
GVOs eintritt", heißt es in der Depesche. Die Diplomaten versprechen sich | |
davon, dass "Kirchenführer anderswo ihre kritische Meinung überdenken". | |
Den Klerus im Kirchenstaat sehen die US-Beamten eher auf ihrer Seite. | |
"Vatikan-Amtsträger sind größtenteils für genetisch veränderte Feldfrüchte | |
als Mittel, um die Umwelt zu schützen und gleichzeitig die Hungernden zu | |
versorgen", heißt es in einer Depesche. Gentechnikbefürworter argumentieren | |
häufig, dass zum Beispiel Genmais weniger umweltschädliche Pestizide | |
benötige. Zudem könnten Gentechpflanzen auf gleicher Fläche größere Erträ… | |
erbringen. Beide Annahmen sind höchst umstritten - offenbar auch unter | |
katholischen Kirchenmännern: Die US-Diplomaten beklagen, dass die | |
gentechfreundlichen Vatikanamtsträger "zumindest vorerst nicht bereit sind, | |
Bischöfe zu kritisieren, die anderer Meinung sind". | |
Der Kirchenstaat könne "nicht alle Bischöfe dazu zwingen, die | |
Biotechnologie gutzuheißen", zitiert der US-Bericht James Reinert, den | |
Gentechnikexperten des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, der | |
die Kirche in sozialen Fragen berät. Besonders schwierig hätten es die | |
Gentechfreunde im Vatikan, so Reinert, wenn ihnen vorgeworfen werde, es | |
gehe ihnen weniger um die Hungernden als darum, "die Gewinne großer | |
Unternehmen zu schützen, die die Patente für die Feldfrüchte halten". | |
Offen lässt die US-Depesche, wie Papst Benedikt selbst zur Agrogentechnik | |
steht. Im Dezember ließ er aber - nicht in vertraulichen Gesprächen mit | |
Diplomaten, sondern in aller Öffentlichkeit - eine Meldung dementieren, | |
wonach der Vatikan den Einsatz von Gentechpflanzen gutheiße. "Der Vatikan | |
distanziert sich von der Befürwortung gentechnisch veränderter | |
Nutzpflanzen", erklärte Papstsprecher Federico Lombardi. | |
27 Dec 2010 | |
## LINKS | |
[1] http://wikileaks.ch/cable/2001/07/01VATICAN3507.html | |
[2] http://wikileaks.ch/cable/2009/11/09VATICAN119.html | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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auszuüben. |