# taz.de -- VBB-Fahrpreise steigen: Warten wird teurer | |
> Ab 1. Januar steigen die Preise für BVG und S-Bahn - trotz chaotischer | |
> Zustände. Der VBB verteidigt die neuen Tarife, fordert aber neue | |
> Entschädigungen für die Kunden. | |
Bild: Hier wird das Bedienen künftig teurer: Bahn-Automaten. | |
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) und die Senatsverwaltung für | |
Verkehr fordern die S-Bahn Berlin auf, ihren Kunden auch für die aktuellen | |
Ausfälle rasch einen Ausgleich anzubieten. "Die S-Bahn ist gut beraten, | |
wenn sie Entschädigungen schaffen, um die Kunden nicht zu vergraulen", | |
sagte Matthias Gille, der Sprecher der Senatsverwaltung, am Mittwoch der | |
taz. Ähnlich äußerte sich der VBB: "Es liegt in der Verantwortung der | |
S-Bahn, einen Vorstoß in Sachen Entschädigungen zu machen", sagte ein | |
Sprecherin - der Verkehrsverbund könne das nämlich nicht selber machen. | |
Derzeit fährt die S-Bahn auf kaum einer Linie noch im Takt. Trotzdem werden | |
die Fahrpreise im Verkehrsverbund zum 1. Januar im Schnitt um 2,8 Prozent | |
erhöht. | |
Vor allem Einzelfahrten werden mit der ersten Tariferhöhung seit 33 Monaten | |
teurer. Für ein Einzelticket im Bereich AB muss man ab Januar fast 10 | |
Prozent mehr zahlen: 2,30 Euro anstatt 2,10 Euro; das ABC-Ticket kostet | |
künftig 3 Euro statt 2,80 Euro bisher. Teurer werden auch die Monatskarten | |
- im Schnitt um 2,8 Prozent: So steigt der Preis für eine AB Monatskarte | |
von 72 Euro auf 74 Euro. Von den Fahrpreiserhöhungen nicht betroffen sind | |
Senioren und ALG-II-Empfänger: Die Preise für das Berlin Ticket S und das | |
VBB-Abo 65 plus bleiben unverändert. | |
Die Tariferhöhung stößt angesichts der andauernden Probleme der S-Bahn auf | |
Kritik. Sie sei schamlos, sagte der Chef der FDP-Fraktion im | |
Abgeordnetenhaus, Christoph Meyer. Das Tochterunternehmen der Deutschen | |
Bahn sei mit seiner unternehmerischen Verantwortung völlig überfordert. Die | |
S-Bahn-Krise dürfe nicht noch mit Tariferhöhungen auf die ohnehin | |
gebeutelten Fahrgäste umgelegt werden. Meyer forderte neue Entschädigungen: | |
Stammkunden sollten einen weiteren Monat gratis fahren können. Zusätzlich | |
sollte im kommenden Jahr der öffentliche Nahverkehr an zwölf Wochenenden | |
kostenlos angeboten werden. | |
Auch beim VBB hat man Verständnis, dass die Fahrpreiserhöhungen zum | |
jetzigen Zeitpunkt für die Kunden schwer nachvollziehbar sind. Aber die | |
Anhebung der Tarife sei bereits im Juni beschlossen worden und könne nun | |
nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der VBB und die Senatsverwaltung für | |
Verkehr betonen zudem, dass der Preisanstieg im Vergleich zu anderen | |
Verkehrsverbünden sehr moderat sei und gestiegene Energie- und Lohnkosten | |
dies notwendig machen würden. | |
Ein Vergleich des Berliner Fahrgastverbandes Igeb zeigt indes, dass Tickets | |
in Berlin schon jetzt relativ teuer sind. So rechne sich eine Monatskarte | |
in Berlin im Durchschnitt erst nach 32,2 Einzelfahrten, während man in | |
München schon bei 27 Fahrten im Monat mit einer Monatskarte billiger fährt. | |
Der Igeb kann die Tariferhöhung zum neuen Jahr noch aus einem anderen Grund | |
nicht nachvollziehen: "Die Fahrpreiserhöhung zu diesem Zeitpunkt lehnen wir | |
ab, weil die S-Bahn und die Busse der BVG die versprochenen Leistungen | |
nicht einhalten", erklärte Sprecher Jense Wieseke. Die BVG musste in den | |
vergangenen Wochen fast 100 Busse aus dem Verkehr ziehen, weil bei ihnen | |
akute Feuergefahr besteht. Deswegen sind mehrere Linien ausgedünnt worden. | |
Bei der S-Bahn sind Entschädigungsleistungen unterdessen kein Thema. | |
"Momentan geht es darum sicherzustellen, dass wir genügend Fahrzeuge haben. | |
Da haben wir keinen Kopf für das Thema Entschädigungen", sagte ein Sprecher | |
der taz. Die S-Bahn versuche derzeit von anderen Verkehrsunternehmen | |
Fahrzeuge zu bekommen. Dabei gehe es vor allem um den Berufsverkehr nach | |
den Ferien ab Montag, so der Sprecher. Am heutigen Donnerstag werde sich | |
entscheiden, wer die S-Bahn mit wie viel Zügen unterstützen kann. Dabei | |
geht es nicht um S-Bahnen - die Berliner Bauart ist einzigartig -, sondern | |
um Waggons für Regionalbahnstrecken. | |
Sicher ist aber bereits, dass an Silvester anders als in vergangenen Jahren | |
keine zusätzlichen S-Bahnen eingesetzt werden. Man werde zwar alle | |
verwendbaren Züge zum Einsatz bringen, sagte der Bahn-Sprecher. "Die | |
großen, zusätzlichen Fahrpläne, die wir in den vergangenen Jahren noch | |
leisten konnten", werde es diesmal aber nicht geben. | |
29 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Simon Poelchau | |
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