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# taz.de -- Der vorauseilende Jahresrückblick 2011: Was geschah in der Bürger…
> Das Lachen wird den Hamburgern schon noch vergehen: Christoph Ahlhaus
> kehrt zurück, Olaf Scholz friert ein, und die Polizei macht im
> HSV-Stadion Bekanntschaft mit merkwürdigen Lebensformen.
Bild: Das Ahlhaus-Baby strebt schon kurz nach der Geburt nach Höherem.
Das Jahr beginnt unter unheilvollen Vorzeichen: An Silvester schlägt die
Uhr des Michels 13 Mal, am Neujahrstag bricht SPD-Spitzenkandidat Olaf
Scholz auf der zugefrorenen Außenalster ein - bei dem Versuch, einen
SPD-Glühweinstand aufzubauen. Er verfällt in eine Schockstarre. Die Ärzte
im AK St. Georg versuchen vergeblich, den Politiker aufzutauen.
20. Januar: Genau einen Monat vor der Hamburg-Wahl kündigt Bürgermeister
Christoph Ahlhaus (CDU) das lange erwartete Ahlhaus-Baby an. Es solle im
April geboren und auf den Namen Christoph Ahlhaus II. getauft werden. Die
Mediziner stehen vor einem Rätsel: Die Schwangerschaft hatte nur drei
Monate gedauert.
Bei der Bürgerschaftswahl am 20. Februar wird die CDU stärkste Partei und
erreicht 40 Prozent. Die immer noch führungslose SPD landet bei 29 Prozent.
Sie hatte vergeblich versucht, den Zeit-Herausgeber Helmut Schmidt (92) als
Spitzenkandidaten zu gewinnen.
27. Februar: Die schwarz-rote Koalition steht. "Die Verhandlungen waren
nicht immer leicht", sagt Bürgermeister Ahlhaus. Auf dem Gruppenfoto mit
Senatoren ist der immer noch schockgefrorene Olaf Scholz als Pappaufsteller
dabei, ihm wird der Posten des Innensenators freigehalten. Der
Elbvororts-Anwalt Walter Scheuerl von der Initiative "Wir wollen lernen"
wird Schulsenator und verspricht, auch weiterhin alle Reformen zu
verhindern.
21. März: Nach dem Auslaufen seines Stillhaltevertrages mit der Stadt
kündigt der Rote-Flora-Besitzer Klausmartin Kretschmer an, selbst in das
Autonome Zentrum einziehen zu wollen. Seine Büronachbarn in der
Rothenbaumchaussee hatten sich wiederholt über das "unablässige Gejaule da
nebenan" beklagt - Kretschmers Freundin Julia Wachsmann ist Opern- und
Musicalsängerin. Die Rote-Flora-Aktivisten beschließen daraufhin auf einer
Vollversammlung, das Gebäude zu räumen. "Ich bin mit den Nerven runter",
zitiert die Bild-Hamburg Flora-Besucher Zecke (21).
17. April: Simone Ahlhaus bringt im AK Altona per Kaiserschnitt das
Ahlhaus-Baby zur Welt. Es wiegt bei seiner Geburt 12,3 Kilo. Wie sich
herausstellt, hat es bereits im Mutterleib einen quer gestreiften
Strampelanzug getragen. Die Mutter muss psychologisch betreut werden, das
Baby ist wohlauf.
1. Mai: Die Gängeviertel-Künstler ziehen ins Tacheles nach Berlin. "Auf die
paar Euro kommt es nun auch nicht mehr an", sagt Dirk Jens Nonnenmacher,
der Aufsichtsratschef der HSH Nordbank, der das Tacheles gehört. Sein
früheres Angebot, sich auf den Cayman Islands niederzulassen, hätten die
Künstler abgelehnt.
25. Juni: Nach dem größten Scooter-Konzert aller Zeiten bleiben tausende
Jugendliche headbangend im HSV-Stadion zurück, die Polizei muss
einschreiten. Bei ihrem Einsatz greifen die Beamten auch ein
gallertartiges, etwa robbengroßes Wesen auf, das mit glasigen Augen
zwischen seinen Leibwächtern auf der Ehrentribüne sitzt und "Hyper, Hyper"
vor sich hinbrabbelt. Eine Personalienfeststellung ergibt, dass es sich um
den erst zwei Monate alten Sohn des Bürgermeisters, Christoph Ahlhaus II.,
handelt.
Olaf Scholz wacht am 4. Juli aus seiner halbjährigen Starre auf und tritt
sein Amt als Innensenator an. Gefragt, an was er sich erinnere, sagt er:
"Nichts."
Im Hamburger Piratenprozess werden am 17. August zehn 17-jährige Somalier
zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
Innensenator Olaf Scholz schlägt vor, den Jugendlichen stattdessen "aus
humanitären Gründen" einen Interpol-zertifizierten "Zyankali-Chip"
implantieren zu lassen, der von der deutschen Handelsmarine auf 100
Kilometer Entfernung aktiviert werden kann. Für die Implantation bietet
sich der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel an.
Am 11. September wird Udo Lindenberg auf Antrag der Stadt Hamburg zum
Weltkulturerbe erklärt. "Das wurde auch Zeit", sagte "Panik-Udo" der Bunte.
8. Oktober: Der nordkoreanische Diktator Kim Jong-Il fliegt mit seinem
Gefolge ein, um die größte Luxusjacht der Welt bei Blohm + Voss abzuholen.
Er bezahlt in bar. Anders als beim russischen Milliardär Roman
Abramowitsch, der die größte Yacht im Jahr davor bauen ließ, sind die
Kabinenwände nicht mit Rochenhaut ausgekleidet, sondern mit ausgeschlagenen
Zähnen von Regimegegnern. "An mir hat sich schon mancher die Zähne
ausgebissen", scherzt Kim Jong-Il bei der Übergabe der Yacht im Trockendock
von Blohm + Voss.
13. November: Bild-Leserreporter schicken erschütternde Fotos von der
Ahlhaus-Villa, die eine gallertartige, quer gestreifte Masse zeigen, die
aus den Dachfenstern quillt. "Ahlhaus-Villa zu klein für Nachwuchs?",
titelt die Boulevardzeitung und streut das Gerücht, der Ahlhaus-Sohn
Christoph II. könnte in den großen Konzertsaal der Elbphilharmonie-Ruine
umziehen. "Wir ziehen doch nicht aus den Elbvororten weg", erklärt der
Bürgermeister entrüstet.
24. Dezember: Beim Weihnachtsgottesdienst im Michel heulen alle vier Orgeln
gleichzeitig auf. Das Wesen, dass sich auf der Orgelbank ausgebreitet hat,
trägt einen quer gestreiften Frack, und seine Finger hinterlassen auf den
Tasten eine schleimige Schicht. "Schön ist das nicht", sagt der
Michel-Organist nach dem Gottesdienst.
30 Dec 2010
## AUTOREN
Daniel Wiese
## TAGS
Jahresrückblick
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