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# taz.de -- Koptische Gemeinde in Frankfurt: Weihnachten mit der Polizei
> In Frankfurt sitzt die größte koptische Gemeinde Deutschlands. Nach den
> Anschlägen in Ägypten werden auch hier orthodoxe Christen bedroht.
Bild: Sorge um Sicherheit: Verstärkter Polizeischutz für die koptischen Gemei…
FRANKFURT taz | Michele Riad ist hin und her gerissen. "Ich bin stolz auf
Deutschland, auf Frankfurt und die Multikultur hier", sagt der Diakon der
Sankt-Markus-Gemeinde in Frankfurt, der mit rund 1.000 Mitgliedern größten
koptisch-orthodoxen Kirchengemeinde in Deutschland. Vor einigen Tagen wurde
auf koptische Christen in Ägypten ein Anschlag verübt, es gab 21 Tote.
Seitdem erhalten die Kopten in Frankfurt am Main "Solidaritätsbekundungen
von allen Seiten", von hohen Geistlichen aller Konfessionen und auch von
Politikern aller demokratischen Parteien. Auch von "vielen muslimischen
Freunden hier in der Stadt" bekam Michele Riad, 26, Reaktionen. Manche per
E-Mail, andere melden sich am Telefon, wiederum andere traf Riad
persönlich.
Ein "faszinierender Prozess" sei da in Gang gekommen, sagt Riad. Gerade
bereitet der Diakon das koptische Weihnachtsfest an diesem Freitag vor. Am
Samstag soll es einen ökumenischen Gottesdienst "für unsere durch einen
hinterhältigen Bombenanschlag getöteten und verletzten Brüder und
Schwestern in Alexandria" geben.
Dabei wird es weniger um liturgische Fragen als eher um die Sicherheit der
Gemeindemitglieder und ihrer prominenten Gäste gehen. Neben dem Oberhaupt
der koptischen Kirche in Deutschland, Bischof Anba Damian, hat sich die
Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) und "menschenrechtspolitische
Sprecherin" der Bundestagsfraktion der Union, Erika Steinbach, für den
Gedenkgottesdienst angekündigt.
Die Gemeinde hat inzwischen einen "Sicherheitsbeauftragten" für St. Markus
ernannt. Nach Absprache mit der Frankfurter Polizei stellen die Kopten für
das lange Wochenende auch einen 18-köpfigen Ordnungs- und Sicherheitsdienst
auf. Die Polizei will für Objekt- und Personenschutz sorgen. Rund um St.
Markus gilt dann ein absolutes Halteverbot.
Nähere Angaben zum "umfangreichen Sicherheitspaket" wollte ein Sprecher der
Frankfurter Polizei allerdings nicht machen. Die Beamten seien aber
"wachsam und sensibilisiert". Auch andere koptische Gemeinden wie die in
Lehrte bei Hannover stehen derzeit unter Polizeischutz.
Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte bereits vor dem Jahreswechsel von
"allgemeinen Anschlagsdrohungen im Internet" gegen koptische Gemeinden auch
in Deutschland berichtet. Nach Angaben aus Österreich soll im Netz zudem
eine Todesliste der Terrororganisation "Islamischer Staat Irak" mit den
Namen von 150 Kopten aus verschiedenen Ländern in Afrika und Europa
kursieren.
Von der Polizei nicht bestätigt wurde dagegen ein derzeit in Frankfurt
kursierendes Gerücht, wonach eine E-Mail mutmaßlicher islamischer
Terroristen mit einer Anleitung zum Autobombenbau "abgefangen" worden sei.
Auch von konkreten Anschlagszielen in der Stadt soll keine Rede sein.
Auch wenn Diakon Riad, der bekennt, "Angst vor dem radikalen Islamismus,
aber nicht vor den Muslimen" zu haben, darauf verweist, dass noch kein
Gemeindemitglied aus Furcht vor einem Terroranschlag die Teilnahme am
Weihnachtsfest abgesagt habe, bittet der Pfarrer von St. Markus, Pigol
Bassili, die Gläubigen darum, "keine Angst zu haben". Er jedenfalls werde
"dafür beten, dass nichts passiert".
Bassili, der in der ägyptischen Hauptstadt Kairo zum Priester geweiht
wurde, ist seit 1987 Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Gemeinde. Die Kirche
im Frankfurter Stadtteil Rödelheim ist nach dem heiligen Markus benannt,
der 68 n. Chr. in Alexandria den Märtyrertod erlitten haben soll. So heißt
es zumindest in der Chronik der Gemeinde.
5 Jan 2011
## AUTOREN
Klaus-Peter Klingelschmitt
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