# taz.de -- Senatswahl an der FU: Rebellen in der Eliteuni | |
> Die FU wählt einen neuen Senat. Eine Gruppe von Professoren bewirbt sich | |
> mit einer Exzellenzinitiative "von unten" und stellt sich gegen das | |
> Lenzensche Vermächtnis. | |
Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch, lautet ein | |
Sprichwort. Es hat an der Freien Universität (FU) einige Zeit gedauert, bis | |
nach dem Abgang des Altkaters Dieter Lenzen im Frühjahr die Kritiker aus | |
den Löchern kamen. Doch zur Senatswahl am heutigen Dienstag tritt nun eine | |
Gruppe von ProfessorInnen an, die sich bewusst gegen das Exzellenzkonzept | |
wenden, das Expräsident Lenzen der FU vermacht hat. "Wir kritisieren die | |
Ideologie der Exzellenzinitiative, die darauf abzielt, die Homogenität der | |
Universitäten zu brechen und einige besser auszustatten auf Kosten der | |
anderen", sagt der Mathematiker Raúl Rojas. Er ist einer der fünf | |
ProfessorInnen, die für die Liste kandidieren. | |
Der Akademische Senat ist so etwas wie das Parlament der FU. Unter Lenzen | |
schwand seine Macht. Die FU insgesamt gewann jedoch an Renommee. Als | |
einzige der drei großen Berliner Unis ist sie 2007 mit dem "Elite-Siegel" | |
geadelt worden und nennt sich seither auch "Internationale | |
Netzwerkuniversität". Zusätzlich zu dem klingenden Namen kann die FU bis | |
2012 über 100 Millionen Euro vom Bund in Forschungsverbünde (Cluster) und | |
Graduiertenschulen stecken. Auch zur neuen Runde des Exzellenzwettbewerbs | |
tritt sie an. | |
Dass sich nun eine Gruppe von Hochschullehrern dem Elite-Hype | |
entgegenstellt, ist bisher einmalig in der Unigeschichte. Die | |
ProfessorInnen um Rojas propagieren eine "grassroot excellence". Statt | |
präsidialer Erlasskultur, wie Lenzen sie kultivierte, fordern sie eine | |
transparente Diskussion über die Zukunft der Uni. Und die ist laut Rojas | |
nicht leuchtend. "Die Kollateralschäden durch die Exzellenzinitiative sind | |
enorm. Einige Fachbereiche mussten leiden zugunsten anderer." Für den Fall, | |
dass die Exzellenzmillionen des Bundes wegfallen, sieht Rojas die | |
Schließung ganzer Institute voraus. | |
Eine Sorge, die sein Mitkandidat Martin Nawrot teilt. Schließlich müssten | |
die exzellenten Forschungsbereiche nach dem Ende der Initiative ja | |
weiterfinanziert werden. "Irgendwo muss man dieses Geld dann einsparen." | |
Der Juniorprofessor Nawrot kommt aus dem Fachbereich Biologie - einem jener | |
Bereiche, die in den vergangenen Jahren Stellen abgeben mussten, während | |
gleichzeitig Exzellenzcluster mit so herrlich klingenden Namen wie | |
"NeuroCure - neue Perspektiven bei neurologischen Erkrankungen" erblühten. | |
Dennoch betonen sowohl Rojas als auch Nawrot, nicht generell gegen die | |
neuen interdisziplinären Cluster zu sein. Aber die Entscheidung darüber, | |
wer Geld bekommt und was als exzellent gilt, sollte demokratischer fallen. | |
Auch sollten die Fachbereiche, denen Lenzen so grausam die Macht entzog, | |
gestärkt werden. | |
Mit ähnlichen Forderungen nach Entmachtung des Präsidiums avancierte Rojas | |
im Frühjahr 2010 nach Auskunft von Sebastian Schneider vom Asta der FU noch | |
zum "Publikumsliebling". Damals trat Rojas als einer von drei Kandidaten | |
an, die um Lenzens Nachfolge konkurrierten. Kurz vor der Wahl zog er seine | |
Kandidatur zurück. Es gewann der Favorit und jetzige Amtsinhaber | |
Peter-André Alt. | |
Auch jetzt rechnet sich Rojas wenig Chancen aus. Ziel sei es, einen Sitz im | |
25-köpfigen Senat zu erhalten, um zu sprechen und Vorschläge einzubringen. | |
Auf die Studierenden kann Rojas bei der Wahl jedoch nicht zählen. Jede | |
Gruppe - Professorinnen, Studierende, akademische und sonstige Mitarbeiter | |
- wählt eigene Vertreter. | |
10 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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