# taz.de -- Bahnchef Grube zum S-Bahn-Chaos: Schuld sind immer die anderen | |
> Bahnchef Rüdiger Grube steht im Verkehrsausschuss Rede und Antwort. Die | |
> Kosten für das Chaos beziffert er auf 700 Millionen Euro bis 2014. | |
Bild: In der Mangel: Rüdiger Grube vor dem Verkehrsausschuss des Abgeordnetenh… | |
Am Ende ließen sie ihn doch gehen. Obwohl Christian Gaebler, | |
verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, angekündigt hatte, ohne | |
nähere Aussagen zur Entschädigung für S-Bahn-Kunden wolle er Bahnchef | |
Rüdiger Grube nicht davonkommen lassen. Doch Grube blieb hart und sagte | |
lediglich, dass er bis Ende Januar bekannt geben wolle, wie das Unternehmen | |
seine Fahrgäste für die aktuellen Ausfälle entschädigen will. | |
Die Frage der Entschädigungsleistungen ist nur einer der Punkte, an dem die | |
Abgeordneten am Montag im Verkehrsausschuss auf Granit stoßen. Das erste | |
Mal überhaupt ist Grube in den Ausschuss gekommen, um den Abgeordneten Rede | |
und Antwort zu stehen. Zur Verstärkung hat er gleich drei Kollegen | |
mitgebracht: S-Bahn-Chef Peter Buchner, Personenverkehrsvorstand Ulrich | |
Homburg und Ingulf Leuschel, Konzernbevollmächtigter für Berlin. | |
Anlass der Anhörung sind die seit mittlerweile anderthalb Jahre andauernden | |
Ausfälle bei der S-Bahn. Der letzte Höhepunkt ist nicht einmal eine Woche | |
her: Durch einen witterungsbedingten Wartungsrückstau, so die S-Bahn, waren | |
nur noch knapp 250 Viertelzüge unterwegs. Auf den Abschnitten einiger | |
Außenstrecken stellte das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn (DB) den | |
Betrieb vorübergehend ganz ein. Im Normalbetrieb müssen mehr als 500 | |
Viertelzüge fahren. | |
Vor den Abgeordneten macht Grube vor allem eines deutlich: Bahn und S-Bahn | |
trügen nur einen kleinen Anteil an Verantwortung für die andauernden | |
Probleme. Maßgeblich seien "mangelhafte und falsch konstruierte | |
Komponenten" des Herstellers, neue Auflagen des Eisenbahnbundesamtes, der | |
Aufsichtsbehörde der Bahn, und "der kälteste und schneereichste Dezember | |
seit 41 Jahren". Die Verfehlungen, die Grube bei seinem eigenen Unternehmen | |
machte, ließen sich der früheren Geschäftsleitung der S-Bahn anlasten: So | |
wurden eine Selbstverpflichtung zur Prüfung bestimmter Teile einfach | |
ignoriert und Schäden nicht gemeldet. Dem Vorwurf der schlechten | |
Konstruktion widerspricht Hersteller Bombardier: Die Fahrzeuge seien gemäß | |
den gültigen Normen und Standards konstruiert worden und hätten schließlich | |
über Jahre problemlos funktioniert, erklärt ein Sprecher. Er gibt den Ball | |
zurück an die S-Bahn - die sei für die Wartung zuständig. | |
Als Grube zum Schluss seiner 20-minütigen Rede die Abgeordneten im | |
Ausschuss "nochmalig um Vertrauen" bittet, kommt von Verkehrssenatorin | |
Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ein Kopfschütteln. Sie sei "nicht optimistisch", | |
was einen qualitativen Betrieb bei der S-Bahn angehe, sagt sie, und: "Es | |
sind erhebliche Investitionen in die betroffenen Baureihen notwendig." | |
Eine kurzfristige Lösung kann auch Grube nicht bieten. Ein Zug brauche von | |
der Planung über die Fertigung bis zur Genehmigung mindestens fünf Jahre. | |
Einfach eine alte Baureihe nachzubestellen gehe nicht, die werde nicht mehr | |
genehmigt. Mehr Mitarbeiter habe man bereits eingestellt, Räder und | |
Achswellen der betroffenen Züge tausche man aus, das brauche seine Zeit. | |
"Wie stabil sich das Gesamtsystem bei dem nächsten Winter- oder | |
Schneeeinbruch darstellt, ist nicht vorhersehbar", stellt er klar. | |
Entsprechend frustriert reagieren die Abgeordneten. Sie hatten auf konkrete | |
Zusagen in Sachen Entschädigung gehofft, vielleicht auf einlenkende Worte | |
in Anbetracht der aktuellen Fahrpreiserhöhungen und vor allem auf eine | |
große Portion Zerknirschung. Doch davon ist wenig zu spüren. Bei den Themen | |
Rendite und Entgelte, die beispielsweise die S-Bahn für die Trassennutzung | |
zahlt, gibt der Bahnchef gar keine Antworten. | |
"Ein konkreter Zeitplan, wie wir aus dem Desaster rauskommen, sind Sie uns | |
leider schuldig geblieben", bilanziert Daniel Buchholz, umweltpolitischer | |
Sprecher der SPD. Wenn es nach Grubes Zahlen geht, wird es bis zu einer | |
Normalisierung noch ein bisschen dauern: Auf 700 Millionen Euro beziffert | |
er die Kosten für die S-Bahn-Krise - bis 2014. | |
Eine konkrete Zusage gibt es dann doch: Man einigt sich, dass Grube vor der | |
Sommerpause noch einmal in den Ausschuss kommen soll. Wenn alles klappt, | |
kann es dann um hitzebedingte Ausfälle gehen. | |
10 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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