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# taz.de -- "The Green Hornet": Der Superheld als Vollpfosten
> Chaos in 3-D: Mit seinem neuen Film "The Green Hornet" macht Michel
> Gondry wunderbares Unterhaltungskino. Und die Läuterung des Helden bleibt
> gänzlich außen vor.
Bild: Die Stadt braucht ihre Hilfe: Kato (Jay Chou, l.) und Britt Reid (Seth Ro…
Ein Superheld der keiner ist: Berri Reid (Seth Rogen) lebt in Los Angeles'
Schickeria den Traum der ewigen Collegeparty zwischen demolierten
Hotelzimmern und One-Night-Stands, stets abgesichert durch das enorme
Vermögen des Vaters, einem idealistischen Zeitungsmagnaten, dem die
Eskapaden des Sprosses ein rechtes Ärgernis sind. Nach dem Tod des Vaters
sieht Reid sich mit der Verantwortung für ein Medienimperium und mit der
Tatsache konfrontiert, im Leben nichts Sinnvolles geleistet zu haben.
Mit inbegriffen in der Erbschaft ist Kato (Asiapop-Superstar Jay Chou), der
geniale Tüftler und Bastler des Vaters. Aus einer Bullshit-Idee (nachts die
Statue des Vaters köpfen) mit unverhofftem Verlauf (Straßenüberfall
vereitelt) erwächst bald das Vorhaben, ausgerüstet mit Katos wilden
Gadgets, fortan gemeinsam als maskierte Vigilanten für Gerechtigkeit zu
sorgen: Die "Grüne Hornisse" ist geboren.
"Aus großer Kraft erwächst große Verantwortung", lautet das pathetische
Motto in "Spider-Man". Von solcher Ernsthuberei fehlt in "Green Hornet"
jede Spur. Im Gegenteil, das typische Superheldenmotiv der Läuterung des
Helden bleibt hier gänzlich außen vor: Reid ist zu Beginn eine teils
liebenswerte, teils cholerische Pfeife, zumindest aber ein Kind gebliebener
Mann - und beides ist er auch zum Schluss.
Seth Rogen, der sich als polternd lachender, nerdiger Typ Bär in den
letzten Jahren an die Spitze der amerikanischen Impro-Komiker gespielt hat,
hat sich als Drehbuchautor und Produzent diese etwas eigenwillige Auslegung
des Protosuperhelden aus den Radio Serials der 30er Jahre regelrecht auf
den Leib geschrieben: Dieser Berri Reid entspringt eher dem Filmkosmos Judd
Apatows, bei dem Rogen in die Lehre ging.
So ist es denn auch Assistent Kato vorbehalten, das Team nicht nur stets
neu auszurüsten, sondern auch aus dem Gröbsten rauszuholen. Der Sidekick
als eigentlicher Held, eine passende Analogie: Die gleichnamige TV-Serie
aus den 60ern lief zwar nur eine Staffel lang, katapultierte ihren
Kato-Darsteller aber in den Rang eines Weltstars: Bruce Lee.
Katos heimliche Heldenschaft erklärt sich auch mit Blick auf den Regisseur:
Michel Gondry, einstmals französisches Musikvideo-Wunderkind, das sich
seitdem mit verschroben-skurrilen Filmen zwischen Indiewood und Paris einen
Namen gemacht hat, zelebriert seit Jahren den Charme des Handgemachten und
Gebastelten, die fragile Textur des Unfertigen und Verklebten.
Nicht für die Welt, für das Material, aus denen sich Welt erschaffen lässt,
interessieren sich seine Filme - und für die Ästhetik überkommener
Technologien. Wenn Kato also eine Kaffeemaschine baut, um den besten Kaffee
der Welt zu brauen, wenn er einen alten 60s Chrysler Crown Imperial zum
Panzer mit Ben-Hur-Gadgets aufmotzt und dabei noch im Schleudersitz auch
den Plattenspieler samt voraufgelegter LP nicht vergisst, dann liegt da
viel Sympathie des Regisseurs im Bild.
In Gondrys letztem Spielfilm, "Abgedreht", drehten die Besitzer einer
Videothek, deren Tapes gelöscht wurden, die geliebten Blockbuster
kurzerhand mit einfachen Haushaltsmitteln in Hinterhofästhetik nach:
"Geschwedete Filme" nannte sich das. Was sich damals auch als Kommentar zum
Verhältnis zwischen amerikanischer und europäischer Filmproduktion lesen
ließ, nimmt jetzt leicht paradoxe Züge an: "The Green Hornet" ist ein
tricktechnisch makellos durchgestyler 3-D-Blockbuster in entsprechender
Attraktionsästhetik, in der nichts mehr an Gondrys Filzstiftwelt zwischen
selbstbemalten Kassettencovern und aneinandergeklebten Klorollen erinnert.
Werkimmanent ist das zumindest oberflächlich ein glatter Bruch, doch sieht
man auch hier jedem Bild Gondrys Freude am zerstiebenden Chaos an: Da
schlagen die Gabelstapler Saltos in der Luft, eine Schlägerei zwischen Reid
und Kato wird zum anarchischen Fest blanker Zerstörungslust, in dessen
Verlauf ein gutbürgerliches Heim nach allen Regeln der Kunst in seine
Einzelteile zerlegt wird.
Noch wichtiger aber für das Gelingen eines Blockbusters: Die Actionszenen,
gerade im fulminanten Showdown zwischen dem etwas obskuren Mafiaboss
Chudnofsky (Christoph Waltz) und dem Heldenduo, ergeben sich freudig ihrer
eigenen Awesomeness, dass es nur so eine Art hat. Zu Recht: Das ist cool
und mitreißend, Unterhaltungskino der besten Sorte - hoffentlich demnächst
auch in geschwedeter Variante.
12 Jan 2011
## AUTOREN
Thomas Groh
## TAGS
Komödie
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