# taz.de -- Neue Mini-Partei in Israel: Baraks Ausweg in die Unabhängigkeit | |
> Verteidungsminister Ehud Barak verlässt seine Arbeitspartei. Er gründet | |
> die "Unabhängigkeit" und bleibt in der Koalition – anders als acht | |
> sozialdemokratische Abgeordnete. | |
Bild: Zersplittert die israelische Parteienlandschaft noch ein bisschen weiter:… | |
JERUSALEM taz | Angriff ist für Israels Verteidigungsminister Ehud Barak | |
noch immer die beste Verteidigung. Der Chef der Arbeitspartei kam am Montag | |
der Entscheidung seiner Genossen über den Austritt aus der | |
Regierungskoalition zuvor und gründete mit fünf Fraktionsmitgliedern die | |
neue Partei "Unabhängigkeit". Damit rettet er sich vor dem sicheren | |
politischen Aus und behält seinen Posten. | |
Die Rechtskoalition von Benjamin Netanjahu ist zufrieden. Die | |
Regierungsmehrheit schrumpft zwar um acht Sitze von bisher 74 auf 66 von | |
insgesamt 120 Abgeordneten. Dafür sind die verbleibenden | |
sozialdemokratischen Partner verlässlicher für die rechtsnationale | |
Koalition. | |
"Wir gehen einen neuen Weg, einen guten Weg", verkündete Barak den | |
überraschten Journalisten in Jerusalem. Die "Unabhängigkeit" soll eine | |
"zionistische, demokratische Zentrumspartei" sein, angesiedelt auf dem | |
ohnehin engen Raum zwischen dem regierenden Likud und der Oppositionspartei | |
Kadima. | |
1995 hatte der noch im gleichen Jahr ermordete Ministerpräsident Jitzhak | |
Rabin den frisch aus der Armee entlassenen Stabschef Barak in die Politik | |
geholt. Schon im Mai 1999 entschied er die Parlamentswahlen für sich. Ein | |
Jahr später zog er die israelischen Truppen aus dem Libanon ab, stand | |
scheinbar kurz vor einem Friedensabkommen mit Syrien und sprach als erster | |
israelischer Politiker von einer möglichen Teilung Jerusalems. Er | |
scheiterte an Syrien und an dem damaligen PLO-Chef Jassir Arafat. | |
Als Barak 2003 nach kurzer Pause von der Politik wieder in der | |
Arbeitspartei auftauchte, war er deutlich nach rechts gerückt. In der | |
Regierung der Kadima unterstützte er den Siedlungsbau und den Krieg in | |
Gaza. | |
Die sozialdemokratische Fraktion hatte in den vergangenen Wochen ihren Chef | |
immer stärker unter Druck gesetzt, die Regierung zu verlassen, sollte der | |
Friedensprozess mit den Palästinensern weiter stocken. Solange die | |
Regierung nicht vom Siedlungsbau abrückt, ist indes keine Wiederaufnahme | |
direkter Verhandlungen zu erwarten. Der Weg führe in die Opposition, | |
appellierte Jitzhak Herzog, der jetzt von seinem Amt als Sozialminister | |
zurücktrat, wie auch Arbeitsminister Benjamin Ben-Elieser und | |
Minderheitenminister Avishai Bravermann. | |
Schon frohlockt Oppositionsführerin Zipi Livni, dass "dem Bruch der | |
Arbeitspartei der Bruch der Regierung folgen wird" und appelliert, | |
schleunigst Neuwahlen einzuberufen. Vorgezogene Wahlen sind mit der neuen | |
Konstellation im Regierungshaus jedoch eher unwahrscheinlicher geworden. | |
Die Kadima wird auf kurz oder lang die Mitglieder der Splitterpartei | |
"Unabhängigkeit" absorbieren. Für eine neue Partei der Mitte, wie Barak sie | |
ankündigte, ist in der israelischen Parteienlandschaft kein Platz. | |
Dem Rest der Sozialdemokraten dürfte es schwerfallen, wieder auf die Beine | |
zu kommen. Erst vor zwei Jahren sollte es eine neue Linkspartei geben, von | |
der man nach ihrer feierlichen Gründung nie wieder etwas hörte. | |
17 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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