| # taz.de -- Ärztemangel auf dem Land: Je oller, desto doller | |
| > Die Union will die medizinische Versorgung mit finanziellen Anreizen und | |
| > einer neuen Berechnungsgrundlage neu strukturieren. Dabei soll die | |
| > Altersstruktur wichtiger werden. | |
| Bild: Die Union redet über Landärzte – FDP-Minister Rösler besucht sie. | |
| BERLIN taz | Die Union will die medizinische Versorgung der Patienten | |
| grundlegend umkrempeln. Niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser sollen | |
| künftig enger zusammenarbeiten. Dem Ärztemangel in ländlichen Regionen – | |
| die Rede ist von 20.000 unbesetzten Stellen – will sie mit finanziellen | |
| Anreizen, aber auch mit Sanktionen begegnen. | |
| Tatsächlich ist der Ärztemangel vor allem ein Verteilungsproblem. Die Zahl | |
| der Vertragsärzte insgesamt ist zwischen 1990 und 2008 bundesweit um fast | |
| 60 Prozent auf 138.000 gestiegen. | |
| Die Union plant daher, dass Ärzte in Regionen mit vielen Medizinern ihre | |
| Praxen im Zweifel nicht mehr weiterverkaufen dürfen. Die Praxis wird | |
| geschlossen, der Inhaber jedoch entschädigt. Kollegen in Mangelregionen | |
| dagegen sollen mehr verdienen: Ihre Leistungen würden künftig stets zum | |
| vollen Preis erstattet, unabhängig von der Patientenzahl. | |
| Ein entsprechendes 14-seitiges "Konzeptpapier" diskutierten am Montag | |
| Gesundheitspolitiker von CDU und CSU in Berlin. Es diene als "Grundlage" | |
| für die Koalitionsberatungen für ein neues Versorgungsgesetz, das der | |
| Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) 2011 auf den Weg bringen | |
| will, sagte der CDU-Politiker Rolf Koschorrek: "Im ländlichen Raum haben | |
| wir es mit multimorbiden Alten zu tun, für die die klassische Behandlung | |
| durch Fachärzte einer neuen ärztlichen Zusammenarbeitskultur weichen muss." | |
| Der Bedarf solle nicht länger ausschließlich an der Einwohnerzahl bemessen | |
| werden, sondern auch anhand der Altersstruktur. Regionen mit wenigen, aber | |
| alten und medizinisch betreuungsintensiven Patienten könnten möglicherweise | |
| mehr Ärzte für sich geltend machen als einwohnerstärkere, aber "gesündere" | |
| Gegenden. | |
| Organisiert werden soll die Versorgung künftig von "regionalen | |
| sektorübergreifenden Ausschüssen", vertreten durch die Kassenärztlichen | |
| Vereinigungen, die Landesärztekammern, Krankenhausgesellschaften, | |
| Ministerien und die Krankenkassen. Während die Kassenärztliche | |
| Bundesvereinigung "mehr Flexibilität" lobte, tat der gesundheitspolitische | |
| Sprecher der SPD, Karl Lauterbach, das geplante Gremium als "Streit- und | |
| Laberausschuss" ab. Nötig sei eine gesetzliche Regelung. | |
| Als Anreiz für junge Mediziner, aufs Land zu ziehen, fordert die Union eine | |
| "Landarztquote", "Sonderstipendien" sowie "studienbegleitende | |
| Patenschaften" mit niedergelassenen Kollegen. Lauterbach: "Das Problem ist, | |
| dass Landärzte ein Drittel weniger verdienen als in der Stadt, wo es mehr | |
| Privatpatienten gibt." Behandlungen von privat und gesetzlich Versicherten | |
| müssten gleich honoriert werden. | |
| Kommunale Krankenhäuser gingen nach dem Willen der Union geschwächt aus der | |
| Reform hervor: Sie müssten zwar mit niedergelassenen Ärzten kooperieren, | |
| dürften aber keine Medizinischen Versorgungszentren, in der DDR hießen sie | |
| Polikliniken, mehr betreiben. | |
| 17 Jan 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Heike Haarhoff | |
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