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# taz.de -- Dioxinskandal steigert Nachfrage: Biohühner im Stress
> Öko-Eier werden knapp. Die Nachfrage sei sprunghaft gestiegen, sagen die
> Verkäufer, Nachschub schwierig zu bekommen.
Bild: Nie war es so begehrt wie heute: das Bio-Ei.
Es ist fünf Uhr nachmittags. Im Bioladen "Herr Buschmann" in Weißensee
greift sich ein junger Mann das letzte Paket Eier. Sonst kauft er nichts.
Kein seltenes Einkaufsverhalten in den letzten Wochen, sagt Ladeninhaber
Frank Buschmann. Kunden, die sonst den Supermarkt nebenan bevorzugen, kämen
zu ihm und würden sich frische Bioeier kaufen. Buschmann kommt mit den
Nachbestellungen kaum hinterher: "Normalerweise bestelle ich nur einmal in
der Woche Eier."
Doch seit Beginn des Dioxinskandals reiche das bei weitem nicht mehr aus.
"Was ich sonst in sieben Tagen verkaufe, ist jetzt nach zwei Tagen weg",
sagt der Ladeninhaber.
Seit den Dioxinfunden in Eiern vor gut zwei Wochen greifen die Verbraucher
verstärkt auf Bioeier zurück. Auf der Suche nach "giftfreier Nahrung" sei
der Eierverkauf nach Angaben von Robert Erler, Sprecher der Ökokette
Bio-Company, um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Andere Biosupermärkte
bestätigen diese Entwicklung. Und auch die Supermärkte Edeka, Tengelmann
und Rewe melden eine höhere Nachfrage nach Bioeiern.
Das Problem: Die Höfe können kaum noch liefern. Beim Produzenten Bauckhof
Klein Südstedt nahe dem niedersächsischen Uelzen sei die Nachfrage nach
Bioeiern um das Doppelte gestiegen, berichtet Vertriebsleiter Yanic Arndt.
Der Hof versorgt vor allem Berlin. Im Durchschnitt würden die 7.000 Hühner
auf dem Biohof etwa 6.000 Eier am Tag legen. Das reiche bei weitem nicht
mehr aus, um die Bioläden mit frischen Eiern zu versorgen. "Nur weil Dioxin
gefunden wurde, legen unsere Hühner nicht mehr Eier", so Arndt.
Konventionellen Produzenten ergeht es ganz anders. Manfred Drotschmann vom
Vertrieb Vierländer Goldei beklagt einen starken Rückgang des Eierverkaufs
um 25 Prozent. Die Verbraucher würden seine Eier aus Kleingruppenhaltung,
die eine artgerechtere Käfighaltung vorsieht, meiden, obwohl sein Betrieb
noch nie etwas mit Dioxin zu tun gehabt habe.
Nicht nur die Hühner sind betroffen. Der Dioxinskandal hat sich auch auf
den Fleischmarkt ausgeweitet. Daher sucht der Bioverband Naturland vermehrt
nach Ökoschweinehaltern. Trotz der Engpässe müsse das Angebot von
Bioeierhöfen indes nicht erweitert werden, so Naturland-Sprecher Carsten
Veller. "Bioeier haben mit 6,7 Prozent schon einen relativ großen
Marktanteil, der Bedarf wird nach der Skandalzeit nicht viel größer sein."
Laut Veller sei die Bereitschaft, Bioeier zu kaufen, schon vor den
Dioxinvorfällen da gewesen, weil Bioeier nicht viel teurer seien als
konventionelle Eier.
Bessere Planung nötig
Die starke Nachfrage nach Bioeiern bereitet den Bioläden nicht nur Freude -
der Aufwand ist beträchtlich. "Wir müssen besser planen und können unseren
Lieferanten nicht mehr spontan sagen, dass wir mehr Eier brauchen", sagt
der Geschäftsführer der Biokette Fresh N Friends, Martin Vaupel.
Der Biogroßhändler Terra verteilt Bioeier auf Berliner Bioläden. Dabei wird
nach einem einfachen Prinzip verfahren: "Erst bedienen wir die Kunden, die
das ganze Jahr über bei uns einkaufen, und dann erst neu gewonnene Kunden",
erklärt Terra-Geschäftsführer Meinrad Schmitt. Es könnten nicht alle
Käuferanfragen bedient werden - ein Hühnchen sei schließlich keine
Maschine, betont Schmitt.
Trotz des spontanen Bioeierbooms macht sich die Branche keine großen
Hoffnungen auf dauerhafte Zuwächse. Zwar hätten einige Neukunden neben
Eiern auch andere Lebensmittel gekauft, hat Bio-Company Sprecher Robert
Erler beobachtet, er will allerdings keine Prognose abgeben, dass diese
Kunden auch dauerhaft gewonnen werden können.
Sicher sei lediglich: Solange der Verdacht auf erhöhte Dioxinwerte in Eiern
weiterhin bestehe, sei das Vertrauen in Bioeier in jedem Fall größer.
18 Jan 2011
## AUTOREN
Janina Trebing
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