# taz.de -- Pro und Contra zu Apples Steve Jobs: Dem König geht's nicht gut | |
> Apple-Chef Steve Jobs hat sich mal wieder krankgemeldet. Prompt fragt | |
> sich alle Welt: Kann Apple auch ohne Jobs erfolgreich sein? | |
Bild: Nur ein Chef? Ein Künstler? Ein Meister gar? | |
PRO | |
Es dürfte kaum ein Produkt von Apple geben, das für 20 Dollar und 70 Cent | |
zu haben wäre. Um genau diesen Betrag jedenfalls fiel am Montag dieser | |
Woche die Aktie von Apple, um sich bei runden 240 Dollar einzupendeln. | |
Zuvor hatte Steve Jobs, 55, eine weitere krankheitsheitbedingte Auszeit | |
angekündigt. | |
Die Zahlen liefern einen kleinen Vorgeschmack auf den Tag, an dem - was | |
Gott oder irgendein anderes metaphysisches Betriebssystem verhindern möge - | |
der Apple-Gründer endgültig zurücktreten oder sogar sterben sollte. In | |
diesem Fall, so könnte man bei Lektüre der entsprechenden Berichte meinen, | |
werden weltweit auch all die schönen Produkte und Programme von Apple | |
schlagartig ihren Geist aufgeben. | |
Tatsächlich ist die buchstäblich börsennotierte Hysterie um die Gesundheit | |
des Chefs nicht ohne Komik. Seit Jahrzehnten inszeniert sich Steve Jobs | |
erfolgreich als Visionär der Branche, als Revolutionär und Magier. Seine | |
eigentliche Idee freilich ist seit 25 Jahren unverändert, der EDV so etwas | |
wie Sinnlichkeit zu verleihen, ein sperriges Produkt also hand- und | |
seelenschmeichlerischer zu machen. | |
Gerade weil ihm das gelungen ist, dürfte der Laden auch ohne seinen Gründer | |
wie von selbst laufen. Und doch ist kaum ein anderes Unternehmen dieser | |
Größenordnung so unbedingt auf einen beinahe monarchischen Alleinherrscher | |
zugeschnitten. Apple, das ist Jobs, so wie Ludwig XIV. Frankreich gewesen | |
sein mag. | |
Nun hat Apple aber auch kaum Kunden, sondern vor allem Jünger. Und die | |
haben, wie alle jünger, einen romantisch verklärten Blick auf ihren Guru. | |
Es ist, als liefe die jahrzehntelange Propaganda, Apple sei ein Global | |
Player mit menschlichem Antlitz, nun im Leerlauf weiter. Was, wenn dieses | |
menschliche Gesicht verschwindet? | |
Dann übernehmen, nach Logik der Jünger, zwangsläufig die fantasiefreien | |
Betriebswirte, wie Jobs-Vertreter Tim Cook einer ist. Im Ernstfall aber | |
wird Apple auch ohne Übervater weiter Apple bleiben - ein Unternehmen also, | |
das Geld verdient. | |
ARNO FRANK ist Redakteur im Ressort taz2/Medien | |
*** | |
CONTRA | |
Akzeptiert man einen Rembrandt-Schüler, wenn man den Meister will? Nein. | |
Und Jobs ist ein Künstler, ein Gestalter des Hightech, ein Bildhauer des | |
Einfachen und Schmiegsamen. Er inszeniert sich als Genie, er allein will | |
die neuesten Produkte seines Konzerns vorstellen und sagt dabei gern | |
"Revolution". Seine Firma ist auf ihn zugeschnitten, die Abteilungen | |
verantworten wichtige Schritte allein Jobs gegenüber, er fummelt die Geräte | |
nicht zusammen, aber die Ideen dafür. Interessante Kunst ist nicht | |
demokratisch und Apple der größte Pinsel der Welt. | |
Jobs' Werke heißen iPod, iPhone und iPad und das Geniale an ihnen ist, dass | |
Steve Jobs etwas geschafft hat, was Rembrandt, Da Vinci oder Neo Rauch | |
nicht vermochten: Er vermittelt den Besitzern seiner Werke das Gefühl, sie | |
seien selbst Künstler oder könnten es zumindest sein. | |
Klar haben Künstler immer wieder mit Werkstätten, Schülern gearbeitet und | |
ja, auch diese Werke verkaufen sich gut. Nur: Apple hat bei Schülerware | |
schon mächtig Konkurrenz, zuvörderst die Manufakturen, die sich mit Google | |
zusammengetan haben, und die ebenfalls iPhones produzieren, welche dann | |
aber quadratisch, praktisch, gut "Android" heißen und keine echten Jobs | |
sind. Aber dafür eben auch sehr viel billiger. | |
Einer Hydra gleich wuchsen dem Netzwerk des Suchmaschinenkonzerns die Köpfe | |
und dagegen steht bei Apple nur ein einziges Gesicht - das von Jobs. Apple | |
hat dieses Genie beschworen und ist nun von ihm abhängig. Billig kaufen | |
kann man auch bei der Proletenschmiede Microsoft, viel Geld legt man nur | |
für Jobs hin. Seine Krankheit hat Apples Wert nur befeuert, denn die | |
Vergänglichkeit des Künstlers macht seine Werke kostbar. Sie scheidet das, | |
was man unbegrenzt haben kann, vom Begehrenswerten. | |
Hieße im Übrigen: Jetzt noch schnell kaufen, denn scheidet der Maestro erst | |
dahin, dann erklettern auch seine telekommunikativen Skulpturen ungeahnte | |
Preishöhen. Und mal ehrlich: Wen interessiert dann noch der Pinsel? | |
DANIEL SCHULZ leitet das Ressort taz2/Medien | |
19 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Arno Frank | |
Daniel Schulz | |
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