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# taz.de -- Eistanz-EM in Bern: Tanz mit den Behörden
> Nelli Zhiganshina tritt mit Partner Alexander Gazsi für das deutsche Team
> bei der Eistanz-EM an. Sie hat eine Aufenthaltsgenehmigung, aber arbeiten
> darf sie hier nicht.
Bild: Harte Arbeit: Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi.
BERLIN taz | Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi tanzen als zwei
Schmetterlinge auf dem Eis. Wenig später lassen sie sich an einer Winde
neun Meter hoch über die harte und kalte Oberfläche ziehen und zeigen
Akrobatik. Den deutschen Meistern im Eistanz sieht man bei dem kreativ
gestalteten Programm den Spaß an, aber auch die Professionalität, mit der
sie ihren Sport angehen. Die Flugnummer, die sie in der Moskauer
Zirkusschule abgeschaut und eingeübt haben, beherrschen sie als weltweit
einziges Eistanzpaar. Bei der Europameisterschaft, die am Montag in Bern
begann, dürfen sie sie nicht zeigen. Im Wettbewerb ist Akrobatik nicht
erlaubt.
Die Russin Nelli Zhiganshina (23) und der Deutsche Alexander Gazsi (26)
gehören zu dem elfköpfigen Team, das Deutschland zur Europameisterschaft im
Eiskunstlauf entsendet. Sein Ziel für die kontinentalen Titelkämpfe
formuliert Gazsi bescheiden: "Wir wollen unsere Leistung bei der deutschen
Meisterschaft wiederholen." Dort haben die beiden, die im Sommer intensiv
an ihrer Technik gefeilt hatten, haushoch gewonnen. Bei ihrer bisher
einzigen EM-Teilnahme 2007 landete das deutsch-russische Duo auf Platz 16.
Das Paar hat einen steinigen Weg hinter sich. Es fühlte sich öfter durch
nationale Preisrichter ungerecht bewertet, dadurch vor zwei Jahren um die
EM-Teilnahme betrogen und vom Sportfachverband nicht gewollt. Bis vor
eineinhalb Jahren trainierten die beiden zudem in Moskau neben
Spitzenpaaren aus Frankreich und Russland. Jeder Trainingstag war da ein
kleiner Wettkampf. Doch die Wahl fiel nicht nur wegen der guten sportlichen
Bedingungen auf den fernen Trainingsort: Zhiaganshina, immerhin 2007 schon
einmal deutsche Meisterin im Eistanz und danach zweimal Vizemeisterin,
durfte nur für jeweils wenige Wochen pro Jahr mit einem Touristenvisum nach
Deutschland einreisen.
Die Ausländerbehörde im sächsischen Chemnitz, wo ihr Eistanz- und
Lebenspartner zu Hause war, versagte der mittellosen Sportlerin eine
Aufenthaltserlaubnis. Erst mit dem Umzug ins Allgäu stießen die beiden auf
eine Ausländerbehörde mit Einsehen. Seit eineinhalb Jahren hat die Russin
eine Aufenthaltserlaubnis. Bis zu den Olympischen Spielen in Sotschi will
sie deutsche Staatsbürgerin werden. Sonst darf das Duo dort nicht antreten.
"In Oberstdorf fühlen wir uns sehr wohl", sagt Gazsi. Er sitzt auf dem
Fensterbrett der gemeinsamen Wohnung und tankt Sonne. Anders als in der
Millionenstadt Moskau, wo man jeden Tag eine Stunde mit der Metro unterwegs
war, können die beiden im beschaulichen Allgäu mit dem Fahrrad in die
Eishalle fahren. So souverän das Schmetterlingspaar über dem Eis schwebt,
so hilflos flattert es über den Schwierigkeiten des Einbürgerungsrechts.
Zhiganshina hat noch immer ein Arbeitsverbot von der Ausländerbehörde und
lebt von dem Einkommen ihres Partners, der Sportsoldat ist. Wäre ihr das
Arbeiten erlaubt, hätte die studierte Fitnesstrainerin in Oberstdorf sofort
einen Job. Ohne gesichertes Einkommen und ohne Beitragszeiten in die
Rentenversicherung ist aber kein deutscher Pass zu haben.
Es verwundert, dass sich das Paar, das im Sport nur mit den weltbesten
Trainern, Choreografen und Kostümbildnern arbeitet, nicht mal einen Anwalt
genommen hat. Gazsi begründet das mit der mauen Finanzlage. Der Verband gab
da bisher wenig Unterstützung, obwohl Vizepräsident Uwe Harnos Jurist ist.
Auf taz-Anfrage nannte Verbandssprecher Daniel Wandersleb lediglich
"sportfachliche Befürwortungsschreiben", die er Anträgen der Sportlerin
beigefügt habe. Selbst ist der Verband nicht aktiv geworden.
24 Jan 2011
## AUTOREN
Marina Mai
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