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# taz.de -- Nach Kritik am Schulschiff der Marine: Kiel will für "Gorch Fock" …
> Landtagsfraktionen verhandeln über Resolution zur Rettung des Schiffs.
> Verteidigungsminister zu Guttenberg hatte den Weiterbetrieb in Frage
> gestellt. Linkspartei schlägt "zivilen Dienst" vor.
Bild: Wäre dann auch nur noch halb so interessant: Die "Gorch Fock" als Buddel…
HAMBURG taz | Am Freitag will der schleswig-holsteinische Landtag eine
Resolution zur "Gorch Fock" verabschieden. Während die Regierungskoalition
aus FDP und CDU das Schulschiff als solches erhalten will, muss aus Sicht
der Grünen geprüft werden, ob die Ausbildung auf der Dreimastbark noch
zeitgemäß ist. Auch die SPD schließt Konsequenzen für die Ausbildung nicht
aus. Jetzt wird verhandelt. Der Kieler Landtag ist seit 1982 Pate der
"Gorch Fock".
Das Parlament reagiert damit auf eine Äußerung des Verteidigungsministers
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der das Schulschiff zur Disposition
gestellt hatte: Eine Kommission unter Beteiligung des Bundestages solle
klären, ob und wie das Schiff eine Zukunft habe, sagte er am Wochenende in
Koblenz. "Nach einer derartigen Häufung von faktisch erschütternden
Berichten, kann niemand zur Tagesordnung übergehen", sagte der Minister mit
Blick auf einen Bericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP).
Darin war von Saufereien der Stammbesatzung und Schikane die Rede.
Außerdem hat der Tod einer Offiziersanwärterin im November Fragen
aufgeworfen. Die junge Frau war aus der Takelage gestürzt und gestorben.
Schon früher sind Soldaten auf der "Gorch Fock" tödlich verunglückt. Im
September 2008 ertrank eine 18-Jährige in der Nordsee, nachdem sie während
ihrer Seewache über Bord gefallen war. 2002 und 1998 bereits starben zwei
19-Jährige nach einem Sturz aus der Takelage. Zwei weitere
Besatzungsmitglieder verunglückten in den 50er und 60er Jahren.
Die Handelsmarine hat die Ausbildung ihrer Offiziere auf Großseglern nach
dem Untergang ihres Schulschiffes "Pamir" 1957 eingestellt. Das Schiff
kenterte bei einem Orkan im Atlantik, nur sechs von 86
Besatzungsmitgliedern überlebten. Allerdings hatten viele der beteiligten
Reedereien schon vorher die teurer Ausbildung auf dem Segler in Frage
gestellt. In der Folge des Unglücks diskutierte die deutsche Öffentlichkeit
auch über die Sinnfälligkeit einer Ausbildung auf der damals in Bau
befindlichen "Gorch Fock".
Kapitänleutnant Uwe Sonntag, stellvertretender Vorsitzender des
Bundeswehrverbandes, der Interessenvertretung der Soldaten, hält die
Debatte über die Zukunft des Schiffs "völlig verfrüht und überzogen".
Zuerst müsse das Untersuchungsergebnis abgewartet werden. Auf die
Ausbildung auf dem Großsegler möchte er nicht verzichten: schon aus Gründen
der Tradition und der Identität der Marine - aber auch nicht wegen der
Vorzüge der Ausbildung.
"See, Wind, Seegang, Seekrankheit, Enge - sie werden diesen Dingen hautnah
ausgesetzt", sagt Sonntag. Im Gegensatz zu modernen Schiffen könnten sich
die Offiziere und Matrosen nicht einfach unter Deck verkriechen. Viele
angehende Offiziere der Handelsmarine heuerten deshalb freiwillig einige
Wochen auf einem Großsegler an. Die Unfälle und Vorwürfe möchte er als
Gelegenheit nutzen, die Ausbildung nachzujustieren. Die
Sicherheitsvorkehrungen prüfe wie bei jedem anderen Schiff auch die
See-Berufsgenossenschaft.
In ihrem Bekenntnis zum Patenschiff "Gorch Fock" gehen CDU und FDP am
weitesten: Das Schiff sei "seit Jahrzehnten ein anerkannter Botschafter für
Deutschland", dessen guter Ruf nicht gefährdet werden dürfe. Das
Verteidigungsministerium möge sicherstellen, dass Offiziersanwärter auch in
Zukunft auf dem Schiff ausgebildet werden. Die Ausbildung auf der "Gorch
Fock" sei "für die Qualität unserer Marineoffiziere unersetzlich", sagte
CDU-Fraktionschef Christian von Boetticher. Teamfähigkeit,
Einsatzbereitschaft und Verantwortung würden dort am besten gelernt.
Für die Grünen bedeutet Patenschaft "kritische Solidarität". Wie die
übrigen Parteien wollen sie die Vorfälle aufgeklärt sehen - mit offenem
Ergebnis. Selbst die Linksfraktion möchte das Schiff erhalten, aber anders:
"Wir schlagen vor, dass die ,Gorch Fock' in den zivilen Dienst gestellt
wird", sagt Sprecherin Janine Menger-Hamilton. Das Land oder die Stadt Kiel
als Eigentümer könnten das Schiff weiterbetreiben und Jugendliche darauf
Segeln lernen lassen.
26 Jan 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
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