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# taz.de -- Chinesische Tennisspielerin Li Na: Fauchen und Schnarchen
> Li Na hat als erste Chinesin das Endspiel eines Grand-Slam-Turniers
> erreicht und verblüfft einmal mehr mit ihrer offenen Art. Und lässt sich
> von ihrem Verband nicht alles sagen.
Bild: Li Na kann nicht nur fauchen, sondern auch lachen – so wie hier nach ih…
MELBOURNE taz | Es gibt ein paar Dinge, die eine gute Beziehung gefährden,
und miteinander Tennis zu spielen, gehört definitiv dazu. Wie zum Beispiel
soll man die Unverschämtheit hoch auf die Rückhand gespielter Bälle
verzeihen? Nächstes Problem: Wie erträgt man einen schnarchenden Ehemann,
wenn man am nächsten Tag für eine besondere Aufgabe ausgeschlafen sein
will? Auch ein unverzeihlicher Fehler: Hochzeitstag vergessen – schwer
wiedergutzumachen.
Offensichtlich hat die Weisheit der östlichen Welt auf diese existenziellen
Fragen bereits Lösungen gefunden. Oder aber Chinas beste Tennisspielerin
und ihr Mann haben so viel Humor, dass sie nach fünf Jahren noch glücklich
verheiratet sind, obwohl sie sich mit all diesen Problemen herumschlagen
müssen. Li Na, knapp 29 Jahre alt, wird am Samstag in Melbourne als erste
Chinesin im Finale eines Grand-Slam-Turniers spielen, und einen gewissen
Anteil daran hat Jiang Shan, der seit fünf Jahren ihr Mann und seit ein
paar Wochen auch ihr Trainer ist.
Manchmal faucht sie ihn während des Spiels nach einem Fehlschlag wie eine
wütende Katze an, doch er nimmt das mit der Gelassenheit eines gemütlichen
Katers hin. "Er weiß, warum ich nervös bin, warum ich schreie oder sonst
was tue", schrieb sie dieser Tage in einer Kolumne für die Melbourner
Tageszeitung The Age. "Und was noch wichtiger ist, er kann es auch
verstehen." Die beiden liefen sich in einem Tennisklub ihrer gemeinsamen
Heimatstadt Wuhan zum ersten Mal über den Weg, als sie zwölf war, er
spielte im Davis Cup für China, und auch deshalb vertraut sie seinen
Kenntnissen.
Ein Jahr, bevor sie sich begegneten und ein paar Jahre bevor sich Li Na
diese Liebe in Form eines Herzens und einer Rose eine Handbreit unterhalb
des Schlüsselbeins tätowieren ließ, meldeten sich zum ersten Mal
chinesische Spielerinnen bei einem Grand-Slam-Turnier. 1993 traten Sun
Tiantian und Tang Li mit einer Wildcard im Doppel der Australian Open an,
und es dauerte nicht allzu lange, bis die Dinge in Gang gerieten. Fünf
Jahre danach erreichte Zheng Jie in Wimbledon als Erste das Halbfinale
eines Grand-Slam-Turniers, im vergangenen schaffte sie dasselbe in
Melbourne, begleitet von Li Na, die danach zum ersten Mal zu den besten
zehn der Weltrangliste gehörte.
Nach Schätzungen spielen in China inzwischen zehn Millionen Menschen
Tennis, und mindestens zehnmal so viele dürften den Sieg von Li Na im
Halbfinale gegen die Nummer eins der Welt, Caroline Wozniacki, gesehen
haben. Dabei zeigte sie wieder mal, dass sie nicht nur fauchen, sondern
auch mit blitzenden Augen um die Beute kämpfen kann. Ende des zweiten
Satzes wehrte sie einen Matchball ab, Shian Shan sah es mit großem
Vergnügen, und ein nicht chinesisch aussehender Mann mit grauen Haaren
freute sich mit - Alex Stober, der deutsche Physiotherapeut im Team. Li Na
ist voll des Lobes über dessen Wirken, vor allem darüber, wie er ihre Knie
stabilisiert hat.
Es gibt in China bekanntlich eine Menge Menschen, die nicht sagen dürfen,
was sie denken, aber Li Na ist auf eine bemerkenswerte Weise offen und
locker. Im vergangenen Jahr berichtete sie in Melbourne, dass sie dem
chinesischen Verband nicht mehr wie früher 60 Prozent ihres Preisgelds
überweise, sondern nur noch 12. Und die Finanzen waren auch diesmal wieder
ein Thema. Im Fernsehinterview auf dem Platz direkt nach dem Sieg gegen
Wozniacki antwortete sie auf die Frage, wie sie sich während des extrem
intensiven dritten Satzes aufgebaut habe: "Ich habe ans Preisgeld gedacht."
Damit hatte sie die Lacher ebenso auf ihrer Seite wie mit der Geschichte,
sie sei in der Nacht vor dem Spiel jede Stunde wach geworden, weil der
Gatte neben ihr im Bett so laut geschnarcht habe. Der behauptete später,
die Geschichte stimme nicht, aber es sah so aus, als sei ihm die ganze
Sache zu peinlich, um die Wahrheit zu gestehen. Prinzipiell sind die beiden
ein ziemlich gutes Team, auch wenn sie offenbar vergessen hatte, dass der
Tag des Siegs im Halbfinale auch ihr Hochzeitstag ist.
Wenn keine Spiele auf dem Programm stünden, sagt Li Na, käme Tennis
manchmal in ihren Gesprächen überhaupt nicht vor. Vor dem Finale gegen Kim
Clijsters dürfte das ein wenig anders sein angesichts der historischen
Chance. Und dann wird die Katze wieder ihre Krallen zeigen und den armen
Jiang Shan so empört anschauen, als habe der die Bälle zu oft hoch auf die
Rückhand gespielt.
27 Jan 2011
## AUTOREN
Doris Henkel
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