# taz.de -- Fotos nach Jahrzehnten entdeckt: Das Märchen der Vivian Maier | |
> Fünfzig Jahre lang fotografierte eine Nanny Straßen in Amerika – und | |
> zeigte die Bilder niemandem. Erst nach ihrem Tod wurden die Kunstwerke | |
> entdeckt. | |
Bild: Florida, 9. Januar 1957 | |
Geheimnisse wie das von Vivian Maier sind eigentlich nicht mehr vorgesehen. | |
Jede Sekunde werden Fotos auf Facebook und Flickr hochgeladen. Wikileaks | |
bleibt nichts verborgen. Die Vorstellung, dass jemand jahrzehntelang | |
fotografiert, einfach für sich, jeden Morgen manisch rausrennt, eine | |
Rolleiflex um den Hals gehängt, die Menschen auf den Straßen fotografiert | |
und die Bilder, hunderttausend, niemandem zeigt, ist so etwas wie die | |
Antithese unserer Zeit. Genau das hat Vivian Maier getan. | |
Wir wissen nicht viel über diese Frau, erst Stück für Stück setzt sich das | |
Mosaik ihres Lebens zusammen. 1926 ist sie in New York geboren, wuchs in | |
Frankreich auf, 2009 starb sie. Zwei Jahre zuvor hatte der Immobilienmakler | |
John Maloof ein paar Boxen mit Negativen auf einer Auktion erstanden, für | |
400 Dollar. Er scannt die Bilder, wunderbar beobachtete Straßenszenen. | |
Einen Namen zu den Fotos entdeckt er erst 2009, sucht nach Maier – und | |
findet nur noch ihre Todesanzeige. Er stellt einige Bilder online, bekommt | |
hunderte E-Mails, Experten sind fasziniert. | |
Wer war diese Frau, deren Bilder sich mühelos einordnen zwischen die Werke | |
der großen Chronisten des amerikanischen Lebens, wie Walker Evans und Helen | |
Lewitt? Kauzig soll sie gewesen sein, eine Querdenkerin. Vierzig Jahre lang | |
war sie Nanny, die Kinder liebten sie, nannten sie Mary Poppins. Sie selbst | |
nannte sich Antikatholikin, Sozialistin und Feministin, sprach mit | |
französischem Akzent, trug Männerjacken und Hut. Niemand durfte ihr Zimmer | |
betreten, in dem sich Fotoschachteln bis an die Decke stapelten. | |
Es ist fast ironisch, dass Maier jetzt über ein [1][YouTube-Video] auf der | |
ganzen Welt bekannt wird, sich zwei Einzelausstellungen in [2][Hamburg] und | |
[3][Chicago] ihr widmen – Maier, die offensichtlich keinerlei | |
Geltungsbedürfnis hatte, der es nicht um Ruhm und Anerkennung ging. | |
Vielleicht wäre sie wahnsinnig geworden ohne diese Arbeit. Vielleicht war | |
sie eine Art Therapie. In jedem Fall hatte Maier das, was Künstler | |
ausmacht: ein Getriebensein, ein Nicht-anders-Können. | |
Eine Auswahl an Fotos von Vivian Maier gibt es in unserer | |
[4][Bildergalerie]. | |
28 Jan 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?v=HWEDOnBfDUI&feature=player_embedded | |
[2] http://www.galeriehilanehvonkories.de/ | |
[3] http://www.explorechicago.org/city/en/things_see_do/event_landing/events/dc… | |
[4] / | |
## AUTOREN | |
Jana Petersen | |
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