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# taz.de -- Parlamentstagung in Birma: Abgeordnete ganz unter sich
> Erstmals seit über 20 Jahren tagt ein Parlament. Dominiert wird es von
> der militär-gestützten Massenpartei USDP und der Armee. Die
> Öffentlichkeit wird gänzlich ausgeschlossen.
Bild: Stimmauszählung am 7. November: Kritiker bezeichnen Wahl als Farce.
BANGKOK taz | Mit einem von Juntatreuen dominierten Parlament überlässt das
Regime Birmas nichts dem Zufall. Am Montag wurde die Nummer drei der
Militärhierarchie, Thura Shwe Mann, zum Vorsitzenden des "Unterhauses"
bestimmt. Jüngeren Informationen zufolge war Shwe Mann, enger Vertrauter
von Juntachef Than Shwe, für das Amt des Präsidenten gehandelt worden.
Vorsitzender des "Oberhauses" wurde Birmas Kulturminister Khin Aung Myint.
Bei der Eröffnung um 8.55 Uhr Ortszeit dürfte Birmas Machthaber Than Shwe
seine Hand im Spiel gehabt haben: Dem Diktator, der vor politischen
Entscheidungen stets Wahrsager konsultiert, war dieser Zeitpunkt
offensichtlich als geeignet angepriesen worden, um die erste Sitzung eines
Parlaments nach mehr als 20 Jahren einzuläuten. In Exilmedien kursierten
vor kurzem Gerüchte, denen zufolge sich der Juntachef gar schon selbst zum
Staatspräsidenten ernannt habe. Jetzt aber hieß es, den Posten werde
voraussichtlich Premierminister Thein Sein erhalten. Offiziell sollen die
Kandidaten für das Amt des Präsidenten und dessen Stellvertreter ab
Dienstag bekannt gegeben werden.
Die Öffentlichkeit bekam von all dem bisher nichts mit: Die Abgeordneten in
der Hauptstadt Naypyidaw tagten hinter verschlossenen Türen. Polizisten
errichteten Barrikaden, als gelte es, einen Feind in Schach zu halten.
Jedes Auto, das sich dem Parlamentsgebäude näherte, wurde nach Bomben
abgesucht. Reportern war der Zutritt verboten.
Laut Junta ist diese erste Sitzung des neuen Parlaments einer der letzten
Bausteine für die "disziplinierte Demokratie". Doch Birmas Bevölkerung, die
seit fast 50 Jahren von Militärs beherrscht wird, kümmert das wenig. Denn
das Parlament ist Spiegelbild einer von vornherein als Farce eingestuften
Wahl.
Kurz nach dem umstrittenen Urnengang vom November 2010 hatte sich die von
der Junta gestützte Partei USDP zur Wahlsiegerin erklärt: Ein
Parteisprecher hatte rund 77 Prozent der gewählten Abgeordnetensitze für
die USDP reklamiert. Unabhängig davon war zuvor ein Viertel aller Sitze in
beiden Kammern für Angehörige der Armee reserviert. Kritiker monierten, die
Militärs hätten ihren Machtanspruch für die Zukunft zementieren wollen.
Dutzenden hochrangigen Armeeangehörigen hatte Than Shwe befohlen, die
Uniformen auszuziehen und der USDP als "Zivilisten" beizutreten.
Die Wahl wurde von massiven Betrugsvorwürfen überschattet. Kleine
Oppositionsparteien hatten beklagt, dass die USDP die Stimmabgabe in
etlichen Bezirken vorgezogen und dadurch die Abstimmung zu ihren Gunsten
manipuliert habe. Auch sei Wählern, die für einen Oppositionskandidaten
stimmen wollten, mit Haft gedroht worden.
Die einst größte Oppositionspartei, die zwangsaufgelöste "Nationale Liga
für Demokratie" von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, hatte zum
Boykott der Abstimmung aufgerufen. Suu Kyi war erst wenige Tage nach der
Wahl aus einem langjährigen Hausarrest entlassen worden.
31 Jan 2011
## AUTOREN
Nicola Glass
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