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# taz.de -- Verkauf der Immobilien Holding: Eine unsichere Bank
> Am Dienstag berät der Senat über den Verkauf der Berliner Immobilien
> Holding (BIH). Es ist gleichzeitig eine Entscheidung über die politische
> Zukunft des parteilosen Finanzsenators Nußbaum.
Bild: Finanzsenator Ulrich Nußbaum steht unter Druck
Ulrich Nußbaum steht vor seiner ersten großen Bewährungsprobe - und
zunehmend auch unter Druck. Wenig metaphernsicher verriet der Finanzsenator
kürzlich dem Tagesspiegel, was ihn in diesen Wochen erwartet: "Zwei
Kuchenstücke liegen auf dem Teller, und jetzt müssen sich die Abgeordneten
entscheiden, was sie lieber haben wollen: den Käse- oder den Apfelkuchen.
Also den Verkauf der BIH oder den Verbleib beim Land."
Der rot-rote Senat, dem der parteilose Bremer Fischunternehmer seit Mai
2009 für die SPD angehört, muss über die Wahl zwischen den Kuchensorten
schon am Dienstag beraten. Dann nämlich steht der Kaufvertrag zwischen dem
Land Berlin und dem britischen Finanzinvestor Altyon über den Verkauf der
Berliner Immobilien Holding (BIH) auf der Tagesordung. Ob es eine
Entscheidung geben wird, gilt derzeit als offen.
Dabei liegen die Argumente pro und contra Verkauf seit langem auf dem
Tisch: Der Finanzsenator und auch der Regierende Bürgermeister Klaus
Wowereit (SPD) möchten die "Bad Bank", in der die hochspekulativen
Immobilienfonds aus dem Bankenskandal gebündelt sind, ein für alle mal
loswerden - inklusive der 4 Milliarden Euro Risiken, für die das Land immer
noch bürgt. Sollte dies nicht gelingen, hat Nußbaum vorgerechnet, belastete
die BIH den Landeshaushalt mit jährlich mindestens 150 Millionen Euro.
Die SPD-Linke hingegen wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die
Veräußerung, die auch den Verkauf von 14.000 Wohnungen und 7.000
Appartments in Berlin bedeuten würde. Dass es für die Berliner Mieter eine
Schutzklausel geben soll, ist ihnen zu wenig. Sie fürchten im Fall der
Veräußerung auch das Ende der Debatte um Rekommunalisierung.
Der Mehrheit der Abgeordneten der rot-roten Regierungskoalition ist dagegen
bei beiden Varianten nicht ganz wohl. Wohl deshalb kam ihnen der
Finanzsenator mit seinem missglückten Griff in die Metaphernkiste entgegen:
Käse- oder Apfelkuchen, das sollte wohl bedeuten, der Senat habe die Wahl
zwischen Pest und Cholera.
Mit seiner Flurpflege hat der Finanzsenator freilich spät begonnen. Seit
langem war in der Berliner SPD der Unmut über den Sarrazin-Nachfolger
gewachsen. Viele Abgeordnete, aber auch Senatsmitglieder wie
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer fühlten sich von Nußbaum
schlecht informiert. Der wiederum hatte - mit wenig Fingerspitzengefühl -
darauf verwiesen, dass er den Vertrag erst dann dem Parlament vorlegen
könne, wenn er unterschrieben und vom Senat beschlossen wurde.
Den 54 SPD-Abgeordneten bleibt in diesem Falle nur, Nußbaums Vertragwerk
abzunicken - oder aber mit einer Ablehung den Finanzsenator nachhaltig zu
beschädigen. Einen ähnlichen Treueschwur hatte der Senat von den
Abgeordneten der Regierungskoalition bislang nur zu Beginn des rot-roten
Bündnisses 2002 verlangt. Damals ging es um die Risikoabschirmung des
Bankenskandals in Höhe von bis zu 21,6 Milliarden Euro.
Zu allem Ärger Nußbaums kommt nun noch ein Dementi aus Abu Dhabi. Die
staatliche Al Halil Bank hatte Ende Januar erklärt, nicht wie vom Senator
geplant für alle Risiken des Verkaufs an Altyon zu bürgen. Zudem ergaben
Recherchen der taz, dass beim derzeitigen Stand der Verhandlungen das Land
Berlin keineswegs alle Risiken an die Investoren abgibt. Genau das aber
hatte SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller zuvor immer verlangt:
"Wir brauchen da hundertprozentige Sicherheit", sagte Müller nach der
Klausurtagung seiner Fraktion Ende Januar in Dresden.
Nicht nur Finanzsenator Nußbaum stehen also schwere Wochen bevor, sondern
auch der SPD-Fraktion. Die Zeit drängt nämlich. Ursprünglich sollte der
unterschriftsreiche Vertrag bereits im Januar unterzeichnet sein. Sollte
der Senat am Dienstag eine Entscheidung erneut vertagen, könnte das zu
diesem Anlass zusammengezimmerte Konsortium, zu dem neben Altyon auch
andere Investoren gehören, einen Rückzieher machen. Nußbaum stünde dann
genauso mit leeren Händen da wie sein Vorgänger Thilo Sarrazin. Der hatte
zweimal vergeblich versucht, die BIH zu verkaufen.
Käse- oder Apfelkuchen? Oder steht am Ende gar kein Kuchen mehr auf dem
Teller? Für einen SPD-Abgeordneten ist die Frage schon entschieden. "Im
Zweifel wird das durchgestimmt", sagt er ernüchtert. Ausgestanden werde das
Thema damit aber nicht sein: "Es ist Wahlkampf, und da ist es immer
schlecht, wenn man Wohnungen verkauft."
6 Feb 2011
## AUTOREN
Uwe Rada
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