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# taz.de -- Streit um Hartz IV-Reform: "Wir haben herzhaft gestritten"
> Bremens Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) streitet in Berlin für
> einen höheren, verfassungskonformen Regelsatz und Mehrkosten für die
> Bremer Staatskasse
Bild: Rückte auch bundesweit in den Blickpunkt des Interesses: Karoline Linner…
Seit Dezember war Karoline Linnert (Grüne) dreimal in Berlin, zu
Verhandlungen über Sozialpolitik. Man habe in der "Arbeitsgruppe Regelsatz"
eine Finanzministerin haben wollen, erklärt sie ihre Rolle dort. In der
letzten Nacht stritt man fast bis vier Uhr morgens - doch am Regelsatz sind
die komplizierten Verhandlungen zwischen schwarz-gelbem Regierungslager und
Opposition am Ende gescheitert.
Mancher sei überrascht, was für eine "Finanzministerin" da in den
Verhandlungen sitzt, sagt Linnert. Jeder Euro Regelsatzerhöhung kostet die
Staatskasse für die Kommunen Bremen und Bremerhaven 135.000 Euro im Jahr.
Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte als Joker
angeboten, den Kommunen die Grundsicherung für RentnerInnen abzunehmen -
das würde allein Bremen um rund 35 Millionen Euro jedes Jahr entlasten. Man
solle die "Gunst der Stunde" nutzen, hatte von der Leyen gesagt. Das
Angebot gelte nicht auf ewig.
Darf eine Finanzministerin sowas ablehnen? "Das Geld, das wollen wir gern
haben", gesteht Linnert. Aber der Preis, sagt sie, wäre gewesen, einem
Regelsatz zuzustimmen, der nicht den Anforderungen des Verfassungsgerichtes
entspreche. Die Arbeitsministerin, so Linnert, laufe sehenden Auges in eine
erneute Niederlage in Karlsruhe. Aber das kümmere sie offenbar wenig. "Wie
gegen Beton" sei man in der "Arbeitsgruppe Regelsatz" gelaufen: Alle
Fachleute seien sich einig - aber von der Leyen habe sich auf Sturheit
festgelegt. Und versuche zudem, sich mit ihrem "Bildungspaket" zu
profilieren - egal wie viel Verwaltungsaufwand es schafft, wenn der Bund
sich in einem Bereich betätigt, der Ländersache ist. Normal wäre es, wenn
der Bund das Geld den Ländern mit Vorgaben geben würde.
Der taktische Schachzug bei dem Angebot, so Linnert, sei offensichtlich:
Die Kommunen, die das Geld dringend brauchen, sollen Druck auf ihre Länder
machen. Im Bundesrat fehlt der schwarz-gelben Koalition eine Stimme. Doch
wenn nur eines der "A-Länder" schwach oder aus der politischen Solidarität
herausgekauft wird, hat die Koalition in Berlin ihre Bundesratsmehrheit.
Linnert legt deswegen Wert darauf, dass sie nicht einfach um ein paar Euro
mehr verhandelt. Verfassungstreu müsse das Verfahren sein. Derzeit werden
in die Vergleichsgruppe für die Ermittlung des Hartz-IV-Satzes
Hartz-VI-EmpfängerInnen, die ein paar Euro dazuverdienen, eingerechnet. Ein
schlichter Zirkelschluss, der nach dem Richterspruch nicht zulässig sei.
Unmöglich findet Linnert auch, dass aus dem Bedarf für den Regelsatz etwa
Schnittblumen, Tabak oder Haustiere herausgerechnet werden. "Wir haben uns
herzhaft gestritten", sagt sie.
Natürlich, in allen Lagern gebe es die, die auf jeden Fall ein Ergebnis
wollten. Linnert gehört nicht dazu. Wenn die Bundesregierung jetzt nicht
nachgebe beim Regelsatz, sagt sie, dann brauche man eben mehr Zeit. Im März
tagt wieder der Bundesrat.
Von der Bremer Linkspartei musste sie sich gestern dennoch heftige Kritik
anhören: Die sprach von einer "gemeinsamen Bankrotterklärung" von
Schwarz-Gelb und Rot-Grün.
8 Feb 2011
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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